Patientenverfügung - Ende einer langen Kontroverse

Sechs Jahre dauerte die Debatte über eine rechtliche Neuregelung der Patientenverfügung. Das Gesetz ist 2009 eines der letzten großen Vorhaben der großen Koalition. Ob es allerdings Rechtssicherheit für Ärzte schafft, ist ungewiss.

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Eine Patientenverfügung soll Ärzten und Angehörigen helfen, am Lebensende eine Entscheidung im Sinne des Patienten zu treffen.

Eine Patientenverfügung soll Ärzten und Angehörigen helfen, am Lebensende eine Entscheidung im Sinne des Patienten zu treffen.

© Dan Race / fotolia.com

19. JUNI 2009: Es gibt Themen, bei denen die Bundestagsabgeordneten lange brauchen, bis sie sich zu einer Regelung durchringen können. Über sechs Jahre hat so die Debatte zur rechtlichen Regelung der Patientenverfügung gedauert.

Über vier Vorschläge mussten die Abgeordneten am 19. Juni entscheiden: einer aus der SPD-Fraktion, drei unter Federführung von Unions-Politikern. Die Neuregelung sollte auch mehr Rechtssicherheit für Ärzte bringen.

Es war eines der letzten großen Gesetze, über das die große Koalition noch vor der Bundestagswahl im September 2009 abstimmte. Noch im Mai sah es so aus, als ob es vor der Wahl nicht mehr zu einer Abstimmung vor der Sommerpause und der heißen Phase des Wahlkampfes kommen würde.

Während sich die SPD-Abgeordneten relativ einig hinter den Vorschlag ihres Rechtsexperten Joachim Stünker stellten, waren die Unionsabgeordneten bei dieser Frage in drei Lager gespalten: Ein Vorschlag von Wolfgang Zöller (CSU) konkurrierte mit einem Entwurf von Wolfgang Bosbach (CDU) sowie mit einem Antrag von Hubert Hüppe (CDU). Zöller wollte für die Patientenverfügung keine Schriftform verlangen und will so einen "Automatismus" eines Behandlungsabbruchs verhindern.

Der Entwurf des Abgeordneten Bosbach sah zunächst für eine qualifizierte Patientenverfügung eine notarielle Beurkundung vor, dies wurde aber nach Beratungen im Rechtsausschuss als zu bürokratisch kritisiert. Der Antrag des CDU-Abgeordneten Hüppe, der kurz vor der Abstimmung eingebracht wurde, plädierte auf einen Verzicht einer gesetzlichen Regelung.

317 Zustimmungen im Bundestag

In der Bundestagssitzung am 19. Juni 2009 votierte schließlich eine Mehrheit von 317 Abgeordneten, auch aus den drei Oppositionsparteien, für den Entwurf des SPD-Rechtsexperten Stünker. 241 Abgeordnete votierten für die Vorschläge von Zöller und Bosbach.

Das Gesetz sieht vor, dass sich Patienten explizit über die nicht-gewünschte ärztliche Behandlung äußern müssen. Vage Formulierungen wie "Ich will nicht qualvoll dahinvegetieren" reichen nicht aus.

Dann ist der Arzt nicht zwingend an die Verfügung gebunden. Die Verfügung richtet sich zunächst an den Betreuer, der prüft, ob die aktuelle Lebenssituation und die Festlegungen in der Verfügung übereinstimmen.

Laut Gesetz müssen Ärzte und Betreuer über die Auslegung der Verfügung übereinstimmen - wenn nicht, entscheidet das Gericht, ob und wie eine Behandlung fortgesetzt wird.

Ärzte haben eine wichtige Position bei der Beratung der Patienten, wenn diese eine Verfügung aufsetzen. Ärzte-Vertreter kritisieren die Entscheidung und sehen für Ärzte und Patienten neue Unsicherheiten.

"Wer bisher zögerte und zauderte eine Patientenverfügung zu verfassen, wird nach diesem Gesetz noch unsicherer sein", erklärte BÄK-Vize Montgomery in einem Gastkommentar für die "Ärzte Zeitung". (bee)

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