Ärzte-Team ist bereit fürs große WM-Finale

Zwei der vier noch ausstehenden Spiele der Fußball-WM finden in Frankfurt am Main statt. Dort steht seit Turnierbeginn ein Ärztequintett für alle nur denkbaren medizinischen Notfälle bereit.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Ärzte-WM-Quintett vor der Skyline Frankfurts: Dr. Jörg Madlener, PD Hubert Sassen, Dr. Ingo Tusk, Dr. Ljuba Andrejevic-Kubatija, Dr. Cornelius Berzas (v.r.)

Ärzte-WM-Quintett vor der Skyline Frankfurts: Dr. Jörg Madlener, PD Hubert Sassen, Dr. Ingo Tusk, Dr. Ljuba Andrejevic-Kubatija, Dr. Cornelius Berzas (v.r.)

© Smith

Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen soll Maßstäbe setzen, auch im Hinblick auf die medizinische Versorgung: Ob Zahnschmerzen, Augenverletzung oder Kreuzbandriss - bundesweit stehen Ärzte bereit, um Spielerinnen, Schiedsrichterinnen oder Funktionäre im Bedarfsfall zu versorgen.

Die FIFA ist mit einem eigenen Ärzte-Tross angereist, darüber hinaus wurden an den neun Spielorten medizinische Netzwerke geknüpft, die eine optimale Versorgung gewährleisten.

Erstmals ist auch eine Gynäkologin im Team

Am Spielort Frankfurt am Main sind es insgesamt zwölf Ärzte, die während der WM, insbesondere an den Spieltagen, Dienst leisten. Dazu zählen ein Unfallchirurg, ein Augenarzt, ein Internist, ein HNO-Arzt, ein Radiologe, ein Gastroenterologe, ein Kardiologe, ein Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg, ein Neurologe, ein Zahnarzt und nicht zuletzt eine Gynäkologin.

Hinter jedem stehen eigene Teams. Koordiniert wird das Netzwerk von Dr. Ingo Tusk, Orthopäde an der Klinik Rotes Kreuz, der als so genannter Venue Medical Officer am Veranstaltungsort Frankfurt die Fäden zieht.

Dem Frankfurter Ärzteteam obliegt bis zum Endspiel eine hohe Verantwortung, da in der Main-Metropole sowohl das FIFA Hauptquartier mit rund 220 Funktionären wie auch die 52 Schiedsrichterinnen des Turniers untergebracht sind - wobei die meisten inzwischen wieder die Heimreise angetreten haben.

Monate lang haben sich Tusk und seine Kollegen auf ihren Einsatz bei der WM vorbereitet. Während mehrerer Treffen wurden mögliche Szenarien durchgespielt. Wenn beispielsweise eine Spielerin aus der USA eine Kernspin-Tomographie benötigen würde, müsste sich der Team Liaison Manager der Mannschaft an Ingo Tusk wenden, der wiederum Dr. Thomas Maier, den Radiologen des Netzwerks, kontaktiert.

Möglicherweise klagt eine Schiedsrichterin über Zahnschmerzen, die dann bei Privatdozent Hubert Sassen Hilfe fände.

Das Engagement ist ehrenamtlich

Für die Schiedsrichterinnen ist täglich zwischen 13 und 14 Uhr, also in der Mittagspause der Ärzte, eine Sprechstunde eingerichtet. Dennoch lief der Praxisbetrieb während der WM reibungslos weiter, Patienten sollten die Doppelbelastung der Mediziner auf keinen Fall zu spüren bekommen.

Tusk, Maier, Sassen und all ihre Kollegen arbeiten ehrenamtlich - "wir erhalten noch nicht einmal eine Eintrittskarte", stellt Zahnarzt Sassen klar - als Dankeschön gab es lediglich ein Trikot und einen Buntstift.

Vorbereitet sind die Mediziner auch auf mögliche Großereignisse, von einer Massenpanik bis zum Streik der Transportgewerkschaft. Dafür gibt es Notfallpläne, die beispielsweise vorschreiben, auf welche Weise eine große Zahl von Verletzten auf die örtlichen Krankenhäuser verteilt werden.

Im Vorfeld der WM haben alle beteiligten Mediziner eine Liste mit den im Leistungssport erlaubten Medikamenten und medizinischen Verfahren erhalten, um unabsichtliche Dopingfälle zu vermeiden. Tusk, der als Mannschaftsarzt auch die Kickerinnen vom Bundesligisten FFC Frankfurt betreut, waren vor dem ersten Anpfiff keine Dopingfälle im Frauen-Fußball bekannt. Doch dann lieferten die Nordkoreanerinnen, denen Dopingvergehen nachgewiesen wurden, eine böse Überraschung.

Prinzipiell sind Tusk und seine Kollegen vor dem Start der WM von ähnlichen Verletzungen ausgegangen wie bei den männlichen Spielern, also von Muskelverletzungen in den Sprunggelenken, Waden, im Oberschenkel oder Knie.

 "Allerdings rechnen wir mit mehr Kreuzbandverletzungen", spekulierte der Orthopäde vor dem ersten Anpfiff und behielt Recht: Kim Kulig, Schlüsselspielerin der deutschen Mannschaft, erlitt im Match gegen Japan bereits nach kurzer Spielzeit einen Kreuzbandriss. Inzwischen wird bei der Analyse nach den Gründen für die 0:1-Niederlage des deutschen Teams das frühe Ausscheiden der Schlüsselspielerin Kulig als mit entscheidend genannt.

Die WM geht in die Schlussphase - für das Team um Tusk stehen mit dem Halbfinale heute in Frankfurt und dem Finale am Sonntag noch zwei Spiele auf dem Programm. Die Ärzte finden es schade, dass das deutsche Team leider nicht mehr im Rennen ist.

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