Opfersuche rund um Fukushima

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TOKIO (dpa). Rund um die Atomruine von Fukushima suchen Einsatzkräfte seit Donnerstag erstmals nach Toten und Vermissten. In den Meilern versuchen Arbeiter seit nunmehr fast fünf Wochen verzweifelt, die havarierten Reaktoren unter Kontrolle zu bringen.

Nun kamen rund 300 Mann hinzu, die das Gebiet im Umkreis von zehn Kilometern um das AKW absuchen. Unterdessen erschreckten neue Nachbeben die Menschen in der Katastrophenregion.

Ungeachtet der laufenden Arbeiten wächst der Druck auf den japanischen Regierungschef Naoto Kan. Opposition und Parteifreunde werfen dem Premier Unfähigkeit im Umgang mit der Krise vor. Am Vortag hatte Kan zunächst erklärt, die Evakuierungszone rund um die Atomruine bleibe für die nächsten zehn bis 20 Jahre unbewohnbar.

Dann nahm er diese Aussage zurück. Man nehme es ernst, dass dies die Menschen verunsichert habe, sagte Regierungschef Yukio Edano am Donnerstag. Edano betonte zudem, dass die Regierung die Kommunikation mit den lokalen Behörden und Anwohnern verbessern will.

Neben dem Suchtrupp für Vermisste sind auch Teams zur Messung radioaktiver Strahlung und zur Bergung der Leichen eingesetzt. Bevor die verstrahlten Leichen abtransportiert werden können, müssen sie abgewaschen werden, hieß es.

Bisher wurden mehr als 13.300 Todesopfer des Bebens und Tsunamis identifiziert. Mehr als 15.000 Menschen werden noch vermisst.

Um den Zugang zu den Reaktoren zu erleichtern, haben Arbeiter Mittwochnacht damit begonnen, radioaktive Trümmer vom Werksgelände zu entfernen. In Sicherheitsbehältern soll der Müll später in Entsorgungslager transportiert werden.

Nicht weit entfernt versuchen Arbeiter des Stromkonzerns Tepco weiterhin, Wasser in die Reaktoren 1 bis 3 zu pumpen, wie die Nachrichtenagentur Jiji Press meldete. Um eine mögliche Explosion von Wasserstoff in Reaktor 1 zu verhindern, füllten sie Stickstoff ein.

Tepco gab zudem bekannt, dass einige der gelagerten Brennstäbe in Reaktor 4 beschädigt sind, berichtete die Agentur Kyodo. Dies habe die Untersuchung einer Wasserprobe aus dem Meiler ergeben. "Die meisten sind aber vermutlich in einem guten Zustand", hieß es. Tepco will eine unbemannten Drohne einsetzen, um in die Anlage zu schauen.

Das japanische Kaiserpaar ist unterdessen erstmals in die Katastrophenregion aufgebrochen. Kaiser Akihito und seine Gemahlin Michiko besuchten am Donnerstag zunächst zwei Notunterkünfte in der Stadt Asahi in der Tokioter Nachbarprovinz Chiba.

Nach Angaben des kaiserlichen Haushofamts will das beliebte Monarchenpaar auch in der nächste Woche und im Mai weitere Gebiete, darunter die am schwersten verwüsteten Provinzen Fukushima, Miyagi und Iwate besuchen.

Landwirte aus der Umgebung der Atomruine fordern inzwischen von Tepco rasche Entschädigungszahlungen. In einem Protestbrief kritisierten die Bauern, Tepco habe sie nicht über die negativen Folgen der Strahlung aufgeklärt und sich nicht entschuldigt.

Wegen der radioaktiven Strahlung und den Handelsbeschränkungen für Waren aus der Region müssten viele Bauern über die Aufgabe ihrer Höfe nachdenken. "Wir entschuldigen uns für die entstandenen Probleme und nehmen den Protest sehr ernst", sagte Tepco-Chef Masataka Shimizu.

Wie groß die Verunsicherung in Japan ist, bekamen einige evakuierte Kinder aus Fukushima in der Präfektur Chiba zu spüren. So schikanierten einige Kinder etwa einen Jungen aus Angst, er könne sie mit Strahlung anstecken. Lehrer und Erzieher appellierten daraufhin an Eltern und Kinder, freundlicher und rücksichtsvoll mit den Evakuierten umzugehen.

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