Gewürzwandern: Eine Reise für die Sinne

Wer durch die Cardamomberge in Indien wandert, trifft auf ein unvergleichliches Gewürzparadies. Von zartem Vanille über zitronigen Duft bis zu kräftigem Zimt werden die Sensoren in der Nase auf Angenehmste gereizt.

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Wir sind mit einer kleinen Wandergruppe zu Fuß unterwegs in den Cardamombergen im südindischen Bundesstaat Kerala. Ingwer, Nelken, Muskat oder Chili wachsen hier, Pfeffer sprießt wie Unkraut am Wegesrand, die Kletterpflanze rankt sich um Bäume und Masten. Unübersehbar sind auch die üppigen Kardamom-Sträucher, die ihre breiten grünen Blätter elegant von der Mitte nach außen werfen, als wollten sie verkünden, dass hier eines der edelsten Gewürze der Welt wächst.

Gestartet sind wir in der Nähe von Thekkady, am Rande des Periyar Tierreservats. Thekkady ist bekannt für seine zahlreichen Gewürzläden, in denen Säcke mit rotbraunen Zimtrinden, getrockneten Nelkenblüten oder Vanilleschoten stehen und unwiderstehlich duften. Die alte Gewürzroute verläuft von den Cardamombergen über Munnar hinunter zur Westküste in die Hafenstadt Kochi. Sie war über Jahrhunderte zen-traler Umschlagplatz für den Gewürzhandel.

Wir folgen auf unserem Weg einem lokalen Führer durch etliche kleine Dörfer hindurch, auf etwa 800 bis 900 Meter Höhe. Vor vielen Häusern liegen rote und grüne Früchte, frisch von Kaffeesträuchern gepflückt. Meist steht daneben noch ein weiteres kleines Häuschen. Es ist ein Pfefferhäuschen, in dem mit Saunatemperaturen Pfeffer getrocknet wird.

So kommen wir auch durch das kleine Bergdorf Puttady, und die Nase wird von einem zitronigen Duft mit einem Hauch Minze gereizt. Es ist der typische Geruch frischen Kardamoms. Denn nur wenige Meter entfernt sitzen Frauen in einer offenen Lagerhalle auf dem Boden. In den geflochtenen Körben aus Palmstroh auf ihren Knien liegen grüne Kardamom-Kapseln, und die Frauen sortieren die guten von den schlechten.

Dorfbewohner versammeln sich neugierig um uns. Einer fragt, wohin wir gehen. Nach Munnar, lautet die Antwort. Das ist der einzige Ortsname, den wir uns merken können, einfacher als etwa Chathurangapara oder Uttamapa-layam. Die Einheimischen staunen. Offen bleibt, ob sie uns bewundern, oder bemitleiden. Denn Munnar liegt noch etwa 100 Kilometer entfernt. Doch wir wandern nicht die ganze Strecke dorthin. Nach drei Tagen und 70 Kilometern zu Fuß bringt uns der Bus auf kurvenreichen Straßen nach Munnar.

Auf dem Weg dorthin wechselt die Landschaft: Wie ein Teppich aus grünen Flecken überziehen Teebüsche die Berghänge rund um Munnar, die Teestadt Keralas. Sie liegt auf 1600 Meter Höhe und ist wegen des erfrischenden Bergklimas ein beliebtes Urlaubsziel indischer Touristen.

Am nächsten Tag bringt uns ein Bus in die drei Stunden entfernte Küstenstadt Kochi, die sich dort auf Inseln und Halbinseln verteilt. In der 1,35-Millionen-Stadt treffen alte und moderne Zeiten aufeinander: an die Kolonialzeit erinnert vor allem der Stadtteil Fort Cochin. Dort stehen hübsch restaurierte portugiesische und holländische Wohnhäuser und auch das Gewürzzentrum liegt dort in einem alten jüdischen Viertel.

Gewürze baut man in Südindien und in den Kardamombergen schon seit der Antike an. Sie waren als Quelle von Reichtum und Macht über Jahrhunderte von großer Bedeutung und lockten europäische Eroberer wie Kolumbus und Vasco da Gama an. Als kostbare Ware wurde etwa der schwarze Pfeffer lange Zeit mit Gold aufgewogen. Pfeffer, Kardamom und Co sind aber nicht nur Handelsware, sondern auch das Herz der indischen Küche.

Jeder Landstrich, jede lokale Küche hat ein eigenes Geheimrezept für die "Masala", die Gewürzmischung. Im Süden ist sie häufig Chili-scharf. Die typischen kleinen Restaurants bestehen aus einem schlichten Raum mit Tischen und Holzbänken. Kaum angekommen, wird Gästen sofort ein frisches Bananenblatt auf dem Tisch ausgebreitet.

Dann kommt eine Schüssel voller Reis, Männer mit Töpfen eilen herbei und verteilen Gemüse-Currys mit Linsen, Okraschoten oder Spinat zum Reis auf das grüne Blatt. Gegessen wird mit den Fingern, und die Zunge tastet vorsichtig nach Schärfe. Joghurt steht immer griffbereit, er lindert das Brennen im Mund.

Nach dem Mittagessen trinkt man noch einen Masala-Tee, also Schwarztee, verfeinert mit einer Mischung aus Sternanis, Ingwer, schwarzem Pfeffer, Zimt und Kardamom. Und ein spezielles Gewürzritual schließt dann das Essen ab: Aus kleinen Schälchen nimmt man eine Handvoll Anis, Kardamom, Koriander und Fenchel. Beim Kauen bleibt ein lang anhaltender frischen Geschmack zurück.

Karin Kura

Reisetipps

Die Cardamomberge gehören zur Westghats-Gebirgskette, die sich an Indiens Westküste von Nord nach Süd entlang zieht. Der höchste Gipfel erreicht 2.695 Meter.

Preise und Veranstalter:

Die im Text beschriebene Gewürzwanderung (leichtes Trekking, erfordert eine durchschnittliche Kondition) ist Teil einer 20-tägigen Südindien-Rundreise bei "Wikinger Reisen". Die Tour führt dabei von Chennai und Pondicherry an der östlichen Coromandelküste zur Malabarküste nach Kochi und Kovalam und beinhaltet auch Besichtigungen. Nächste Termine: 16.12. - 4.01. oder 27.1. - 15.2. 2008 (ab 2398 Euro).

Eine luxuriöse und bequeme Variante, das Gewürzparadies zu erfahren bieten Taj-Hotels in den Kardamombergen, etwa das "Taj Garden Retreat" nahe Thekkady, mit Ayurveda-Center und Ausflügen zu Gewürzplantagen. Info: www.tajhotels.com

Informationen:

Info: Wikinger Reisen, Tel. 0 23 31 / 90 47 41, www.wikinger.de

Reiseführer: Stefan Loose Travel Handbuch "Indien - Der Süden", 2006, 22,95 Euro oder Baedeker Reiseführer Indien, 2007, 25,95 Euro.

Weitere Auskunft: India Tourism, Tel. 0 69 / 2 42 94 90, www.india-tourism.com.

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