Blinde Passagiere in der Lunge

Heute Hongkong, morgen Berlin - das gilt sowohl für Geschäftsleute und Touristen als auch für Keime, die als blinde Passagiere mitreisen. Durch den globalen Flugverkehr kommen aber nicht nur Viren, sondern auch Virologen schnell in jeden Winkel der Erde und können helfen, einen Ausbruch einzudämmen.

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Ende Februar 2003 überraschte ein neues Virus die Welt. Der chinesische Arzt Dr. Liu Jianlu reist zu einem Treffen nach Hongkong. Jianlu hatte zuvor im Süden Chinas Patienten mit einer mysteriösen Lungenerkrankung untersucht. Als er in Hongkong ankommt, ist er bereits selbst krank. In einem Hotel infiziert er mehrere Personen. Sie schleppen das Virus in nur wenigen Tagen nach Vietnam, Kanada und Singapur.

Die Bilanz: In wenigen Wochen erkranken weltweit über 8000 Menschen an dem schweren akuten respiratorischen Symptom - kurz Sars. Etwa 800 sterben daran. Doch dann scheinen die Eindämmungs-Maßnahmen zu greifen. Jedenfalls verschwindet das Virus so plötzlich wieder wie es gekommen ist.

Der Sars-Ausbruch hat die Kehrseite einer immer stärkeren globalen Vernetzung gezeigt: Reisende können einen gefährlichen Erreger in wenigen Stunden über die Welt verbreiten. Doch die rasche Eindämmung der Krankheit weist auch auf einen Vorteil der globalen Vernetzung: Wenn sich wichtige Informationen über die Erkrankung schneller ausbreiten als das Virus, läßt sich ein solcher Ausbruch möglicherweise stoppen.

So haben chinesische Behörden den Sars-Ausbruch lange Zeit verheimlicht. Das Virus konnte sich dort zunächst ungehindert verbreiten. Erst als auch China drastische Quarantäne-Maßnahmen ergriff und die Bevölkerung über Symptome und Gefahren informierte, gingen die Erkrankungszahlen zurück.

Die Eindämmung von Sars war daher weniger ein Erfolg der modernen Medizin - schließlich gab es weder Impfstoffe noch eine wirksame Therapie - sie war vor allem ein Erfolg der modernen Informationsgesellschaft und der globalen Kooperation.

Entscheidend sei gewesen, so der Virologe Dr. Wolfgang Preiser von der Universität Frankfurt/Main, daß der Reiseverkehr eingeschränkt wurde, daß Patienten schnell isoliert wurden und Personen, die zu Erkrankten Kontakt hatten, über die Krankheit aufgeklärt wurden.

Dabei half, daß Virologen aus aller Welt in kürzester Zeit den Erreger isoliert und Nachweismethoden entwickelt hatten. So ließ sich rasch feststellen, wo man es mit der neuen Krankheit zu tun hatte. Gleichzeitig wurde die Bevölkerung in den betroffenen Regionen informiert und sensibilisiert.

Deutlich schneller als bei Sars wird man jedoch reagieren müssen, sollte es eines Tages zu einer Grippe-Pandemie kommen, etwa durch ein mutiertes Vogelgrippevirus. Bei Sars haben nur Erkrankte das Virus weiter verbreitet, Influenza-Viren werden jedoch schon während der Inkubationszeit in großen Mengen ausgeschieden. Eine Isolierung der Kranken wird bei einer Grippe-Pandemie alleine nicht mehr genügen. (mut)



Keine Gefahr bei Reisen in Ländern mit Vogelgrippe

Von dem derzeit kursierenden Vogelgrippevirus H5N1 geht keine unmittelbare Gefahr für Reisende aus. So gibt es derzeit keine Reisewarnungen in stark betroffenen Länder wie Indonesien, China oder Vietnam. Übertragungen von infizierten Tieren auf Menschen sind äußerst selten.

Nur Personen, die direkten Kontakt mit infiziertem Geflügel haben, können erkranken. Reisende sollten daher in betroffenen Ländern den Kontakt mit lebendem Federvieh und rohem Geflügelfleisch meiden, also möglichst keine Geflügelmärkte und -Farmen besuchen.

Gebratenes Geflügel und gekochte Eier können aber problemlos gegessen werden, rohe Eier sollte man meiden. Zwar ist das Virus H5N1 bisher nicht von Mensch zu Mensch übertragbar, Kontakt mit Infizierten sollte man aber sicherheitshalber ebenfalls meiden.

Bei der Rückkehr nach Deutschland dürfen aus Ländern mit Vogelgrippe keine Geflügelprodukte wie Fleisch, Eier oder Federn mitgebracht werden. Auch andere Vögel und unbehandelte Jagdtrophäen sind tabu. Die Einfuhr lebender Vögel ist unabhängig vom Herkunftsland generell verboten.

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