Ein Internat, das auf internationale Erfahrungen setzt

Er gilt als "Urvater" der Erlebnispädagogik: Kurt Hahn war Mitbegründer der Internatsschule Salem, an der sich heute etwa 700 Schüler auf das Abitur oder das International Baccalaureate vorbereiten.

Von Michael Meister Veröffentlicht:
Schulunterricht in Schloss Salem: Vorbereitung fürs International Baccalaureate.

Schulunterricht in Schloss Salem: Vorbereitung fürs International Baccalaureate.

© Salem

Kurt Hahn war kein theoretischer Pädagoge und gar kein Freund curricularer Reflexionen. Der Gründer des Internats Schloss Salem am Bodensee wusste aber, wie man Jugendliche zu weltoffenen Persönlichkeiten erzieht.

Den Wert von Toleranz und Weltbürgertum hatte ihm sein eigenes Leben ins pädagogische Stammbuch geschrieben: Wegen seiner jüdischen Herkunft musste Hahn nach der Machtübernahme der Nazis fliehen.

In Schottland gründete er 1934 nach dem Muster Salems das Jungen-Internat Gordonstoun. Nach seiner Rückkehr nach Salem legte er den Grundstein für den internationalen Schulverbund Round-Square.

"Urvater" der Erlebnispädagogik

Hahn gilt als "Urvater" der Erlebnispädagogik. Als er einmal herausfordernd um eine Erklärung gebeten wurde, was denn etwa das Segeln auf einem Schoner zur internationalen Erziehung beitragen könne, antwortete er: "Zur Zeit haben wir in Gordonstoun die Anmeldungsunterlagen eines zukünftigen Königs eines arabischen Landes für die Aufnahme vorliegen", sagt er.

"Ich habe gerade einige jüdische Schüler in der Schule. Sollten der arabische Schüler und einer der jüdischen Schüler auf unserem Schoner einen Segeltörn machen und vielleicht in einen Nordoststurm geraten, und sollten sie zusammen heftig seekrank werden, so habe ich etwas für die internationale Erziehung getan."

Ein simpler Ansatz: Situationen schaffen, in denen junge Menschen herausgefordert und aufeinander angewiesen sind. Und loslassen können. Auf diesem Kern basiert die Salemer Pädagogik mit ihren Diensten, der Alten- und Behindertenhilfe, Feuerwehr, Sanitätsdienst oder etwa das THW. Ziel ist auch eine starke Schülermitverantwortung.

"Aus-Bildung" rückt in den Vordergrund

Das heutige Internatsleben ist freilich stärker bestimmt durch rechtliche Regelungen und die Sorgen von Eltern und Pädagogen, das Wohlergehen der Nachfolgegenerationen optimal abzusichern.

Außerdem ist in den zurückliegenden Jahrzehnten die "Aus-Bildung" in den Vordergrund zunehmend in den Vordergrund gerückt. Es geht um gemessene Werte, den NC in Deutschland, das globale Scoring im International Baccalaureate (IB), einer Art "weltweites Zentralabitur".

Schon Teenager feilen an ihrem Curriculum Vitae, das ihnen im internationalen Wettbewerb den Zugang zu den Top-Universitäten verschaffen kann.

Gute Schulen ziehen sich diesen Schuh an, und mit dem Ansatz erfahrungsbasierten Lernens dürfen sich Internate schon lange nicht mehr begnügen.

Abitur und International Baccalaureate

In Salem werden Abitur und IB parallel als akademische Abschlüsse angeboten. Ein außergewöhnliches schulisches Modell bietet Salem mit den "International Classes" in der Mittelstufe. Alternativ zum deutschen System werden hier Schüler unterrichtet, die das IB anstreben und ein späteres Studium an einer Universität im Ausland planen.

Der Unterricht wird in englischer Sprache erteilt, folgt aber dem Lehrplan des Landes Baden-Württemberg.

Kris Mourney, Koordinatorin der International Classes Salem, bringt die Vorteile auf den Punkt: Die Schüler in den Internationalen Klassen haben danach "the best of both worlds": eine gute, breit angelegte deutsche Realschulausbildung und eine einsprachig englische Ausbildung, die direkt auf den IB-Abschluss vorbereitet.

Traditionelle Internatserziehung und eine moderne Schule machen Salem aus Sicht des Schulträgers zu einer besonderen Schule. Rund 180 der insgesamt 680 Schüler kommen aus über dreißig verschiedenen Ländern.

Eine Schule fürs Leben will Salem sein. Schüler und Mitarbeiter müssen sich nach diesem Konzept den Herausforderungen einer internationalen Umgebung stellen und werden belohnt durch die reiche Erfahrung, die sie dadurch gewinnen. Sie alle müssen lernen, Unterschiede zu akzeptieren, Krisen zu lösen und ein wirkliches Verständnis für Menschen zu entwickeln.

www.salem-net.de

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