Stoffwechselstörungen?

Rätsel um Mario Götzes Erkrankung

Mit seinem Siegtor im WM-Endspiel 2014 gegen Argentinien hat sich Mario Götze (24) ein Denkmal gesetzt. Jetzt kämpft er mit einer nebulösen Stoffwechselerkrankung.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Mario Götze am Boden. Fans hoffen, dass er bald wieder fit sein wird.

Mario Götze am Boden. Fans hoffen, dass er bald wieder fit sein wird.

© Pressefoto Ba / dpa

DORTMUND. Im Maracanã-Stadion von Rio läuft die 113. Minute. Toni Kroos passt auf André Schürle, der von links eine Flanke in die Mitte schlägt, die Mario Götze mit der Brust annimmt und ins lange Eck des gegnerischen Tors donnert. 1:0 für Deutschland. Ein Moment für die Ewigkeit.

Mit seinem Siegtreffer gegen Argentinien im Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft am 13. Juli 2014 schrieb Mario Götze Geschichte. Seither ging es für den heute 24-Jährigen jedoch leider bergab. Muskelsehnenausriss, Rippenbruch, Muskelverhärtung, Knieprobleme, Adduktorenbeschwerden auf der einen Seite, angebliche Gewichtsprobleme auf der anderen Seite: Götze, ehemals als Jahrhunderttalent gepriesen, gehörte zuletzt weder bei Bayern München noch bei Borussia Dortmund zu den Stammspielern. Jetzt glauben (selbsternannte) Experten endlich die Ursache für Götzes vermeintlichen Leistungseinbruch zu kennen: "Stoffwechselstörungen".

Raus aus dem Trainingsbetrieb

So vermeldete es Borussia Dortmund auf seiner Homepage: Mario Götze habe "in den vergangenen Monaten immer wieder mit muskulären Problemen zu kämpfen" gehabt, "die in eine eingehende internistische Suche nach möglichen Ursachen mündeten. Untersuchungen ergaben nun Stoffwechselstörungen des Profis, die es zwingend notwendig machen, Mario Götze zunächst aus dem Trainingsbetrieb zu nehmen."

Im selben Beitrag ließ sich Götze wie folgt selbst zitieren: "Ich befinde mich gerade in Behandlung und setze alles daran, so schnell wie möglich wieder ins Training einzusteigen und meiner Mannschaft dabei helfen zu können, unsere gemeinsamen Ziele zu erreichen." So weit die Fakten. Seither wird darüber spekuliert,

- um welche Stoffwechselerkrankung es sich bei dem in Memmingen geborenen Fußballprofi handeln könnte,

- warum Götzes Erkrankung erst so spät erkannt wurde und

- ob oder wann der seit Uwe Seeler jüngste deutsche Nationalspieler wieder zu alter Stärke zurückfinden wird.

Die "Süddeutsche Zeitung" meldete vor wenigen Tagen, dass Götze aller Wahrscheinlichkeit nach an einer Myopathie leide, eine Ferndiagnose, die die "Bild" ihren Lesern als gesichert darbot, verbunden mit der Nachricht, dass der WM-Held von 2014 "schwer krank" sei.

Eine Myopathie, zogen andere Medien nach, erkläre sowohl Götzes muskuläre Verletzungen wie auch seine fehlende "Spritzigkeit" und seine trotz vorbildlichen Trainings wiederkehrenden Gewichtsprobleme.

Tatsächlich lässt die Diagnose "Myopathie" viele Fragen offen. Myopathien sind eher selten und haben in der Regel einen milden Verlauf. Zu den primären Myopathien zählt man Muskeldystrophien, mitochondrale, kongenitale und myotone Myopathien. Eine erbliche Variante lässt sich im Fall Götze aller Wahrscheinlichkeit nach ausschließen, da sie seine Karriere schon früher behindert hätte. Sekundäre Myopathien treten beispielsweise als Folge anderer Erkrankungen auf, etwa bei einer Hyperthyreose oder einem Vitamin-D-Mangel, können aber auch auf eine Entzündung im Muskelgewebe gründen oder durch exogene Stoffe induziert werden, etwa Medikamente, Drogen und Alkohol.

Blutbild ohne Auffälligkeiten

Warum haben weder die Vereinsärzte in München noch deren Kollegen in Dortmund Götzes Erkrankung frühzeitig erkannt? Auch über diese Frage wird derzeit spekuliert. Abgesehen von Physiotherapie, Leistungsdiagnostik und verletzungsbedingten Behandlungen werden Fußballprofis von ihren Vereinen nur einmal im Jahr komplett untersucht, wobei der Stoffwechsel nicht im Fokus steht. Tatsächlich sei Götze regelmäßig Blut abgenommen worden, das Blutbild habe aber keine Auffälligkeiten gezeigt, heißt es vom Verein. Aufgrund Götzes Gesundheitszustandes habe BVB-Arzt Dr. Markus Braun schließlich "Spezialuntersuchungen" angeordnet. Ob es sich dabei um eine Elektromyographie (EMG) und eine Muskelbiopsie handelte, die zur Diagnose einer Myopathie erforderlich sind, ist nicht bekannt.

Wie geht es nun mit Götze weiter? Nach "Bild"-Informationen will sich der Nationalspieler fünf bis sechs Wochen bei einem Spezialisten in Baden-Württemberg behandeln lassen. Steht die Ursache seiner Stoffwechselstörung erst einmal fest, so könnten eine medikamentöse Therapie und/oder eine Ernährungsumstellung erfolgen. Ob Götze, derart eingestellt, zu alter Stärke zurückfinden wird, hängt sicher nicht allein von dieser Behandlung ab.

"Schwer krank" jedenfalls ist Götze nicht. Schließlich stand er noch Anfang Februar im Kader von Borussia Dortmund. Zudem hätte der Verein als börsennotiertes Unternehmen eine Ad-hoc-Mitteilung an seine Aktionäre herausgeben müssen, drohte wirklich das Karriereende seines auf 23 Millionen Euro Marktwert taxierten Spielers.

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