Kollagenose

Gold-Athletin will nicht "nur" krank sein

Sie holte für das deutsche Team Medaillen in Rio – und ist zugleich schwer krank. Doch die Paralympics-Athletin Franziska Liebhardt will nicht, dass man sie nur wegen ihrer Krankheit kennt.

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WÜRZBURG. Auf diesem Platz hat alles begonnen. Franziska Liebhardt steht auf der Tartanbahn der Turngemeinde Würzburg (TGW) und blickt hinüber zur Weitsprunggrube. Hier hat sie nach ihrer Transplantation wieder mit dem Sport angefangen. Nur in der Freizeit, ganz entspannt. "Ich hatte ja nicht das Ziel, irgendwann Paralympics-Siegerin zu werden", sagt sie.

Franziska Liebhardt wurde 1982 in Berlin geboren. Mit zehn oder zwölf Jahren begann sie, Volleyball zu spielen. "Ich weiß das gar nicht mehr so genau", sagt sie heute. Zunächst hegte sie auch Ambitionen, wollte auf ein Sportinternat. Das kam nicht so gut an in ihrer Familie – "mach was Ordentliches" und lass das "Hirngespinst" von der Sportkarriere, hieß es.

2005 erfuhr Franziska Liebhardt, dass sie an der Autoimmunerkrankung Kollagenose leidet, die ihre Organe angreift. Ihr Immunsystem sei blind, greife alles an, sagt sie. Dadurch lagert sich an den Organen zu viel Bindegewebe an.

Lungen- und Nierentransplantation

Zunächst hat sie kaum Einschränkungen und spielt weiter Volleyball. Doch zwei Jahre später muss sie aufhören, weil sie beim Sport keine Luft mehr bekommt. Die Ärzte stellen fest, dass ihre Lunge sehr stark angegriffen ist. Weitere zwei Jahre später wird ihr eine Lunge transplantiert. "Ich war vor der Lungentransplantation so gut wie tot, es war wirklich in letzter Minute", sagt sie darüber später in einem Interview. Mit dem neuen Organ kann sie erst mal weiterleben, obwohl die Krankheit schlimmer wird. Zwei Jahre nach der ersten Transplantation versagen ihre beiden Nieren. Nach Irrwegen durch die Bürokratie kann ihr Vater ihr eine Niere spenden. Doch die Ärzte sagen, sie müsse den Leistungssport abschreiben.

Sportbegeistert wie sie ist, ist das ein schwerer Schlag. Um sich wenigstens irgendwie zu bewegen, sucht sie nach einiger Zeit eine Freizeitsportgruppe und stößt so auf die Turngemeinschaft Würzburg.

Liebhardt blickt sich auf dem Sportplatz um. So kam sie das erste Mal hierher. Die anderen Freizeitsportler hätten schon etwas blöd geguckt, als sie ihnen sagte, sie sei organtransplantiert, erzählt sie.

Begeistert stellt Liebhardt fest, dass viel mehr möglich ist, als die Ärzte gesagt haben. "Man kann annähernd normal belastbar werden." Ihr Weg führt sie bis zu den Paralympics: Am 14. September steht Liebhardt im Olympiastadion von Rio de Janeiro und wuchtet die Vier-Kilo-Kugel im ersten Versuch auf 13,96 Meter – Weltrekord. "Ich bin total durch den Wind, ich kann es noch gar nicht so richtig glauben", sagt eine strahlende Franziska Liebhardt. Neben Gold im Kugelstoßen schafft sie auch noch eine Silbermedaille im Weitsprung.

Als in einer Zeitung ein Artikel über sie mit der Überschrift "Der Tod ist ihr Begleiter" erscheint, ist sie wütend. Sie will nicht immerzu als todkranker Mensch dargestellt werden. "Der Tod spielt in meinem Leben eine untergeordnete Rolle", sagt sie. "Meine Geschichte ist eine Geschichte des Lebens, nicht des Sterbens." (dpa)

Meine Geschichte ist eine des Lebens, nicht des Sterbens.

Franziska Liebhardt, Sportlerin

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