HINTERGRUND

Bis zum Beginn der Olympischen Spiele in Athen soll der Anti-Doping-Code auch in Deutschland gelten

Von Eva Richter Veröffentlicht:

Der Doping-Mißbrauch im deutschen Leistungs- und Spitzensport ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen: Von 7798 Tests, die im Auftrag der dem Deutschen Sportbund angeschlossenen Verbände gemacht wurden, waren 38 positiv.

Häufigstes Dopingmittel bei Wettkämpfen war Stanozolol, gefolgt von Testosteron und Tetrahydrocannabinol (THC). Erythropoetin (EPO) wurde wie im Jahr davor nur in einem Fall nachgewiesen.

Nach dem Dopingskandal mit dem Designer-Anabolikum Tetrahydrogestrinon (THG) im vergangenen Jahr in den USA wurden in Deutschland 3000 Urinproben nachanalysiert - Ergebnis negativ. "Offenbar ist die Anwendung von THG entgegen den Befürchtungen doch auf einen konspirativen Kreis von US-Sportlern beschränkt geblieben", so Professor Klaus Müller, Leiter des Institutes für Dopinganalytik und Sportbiochemie Kreischa auf einer Konferenz in Bonn.

Die Kontrolldichte ist je nach Land unterschiedlich

Deutschland - das Land der aufrechten Sportler? Die vergleichsweise positive Bilanz ist vor allem dem engmaschigen Kontrollnetz zu verdanken. Diese Kontrolldichte ist nicht überall so gegeben, wie Dr. Clemens Prokop, Vizepräsident des Nationalen Olympischen Komitees kritisch anmerkte. Andere Länder sähen dies viel weniger eng. Prokop fordert daher "dringend eine weltweite Harmonisierung in der Kontrolldichte und auch in der Sanktionierung".

Erste Schritte hat es bereits gegeben: Im November 1999 wurde die World Anti-Doping-Agency (WADA) gegründet. Die Organisation hat den World Anti-Doping-Code vorgelegt, der im Dezember 2003 auch von deutschen Vertretern unterzeichnet worden ist. Ziel ist die weltweite Reglementierung und Harmonisierung der Anti-Doping-Vorschriften und -Aktivitäten.

Bis zum Beginn der Olympischen Spiele in Athen soll der Code auch hierzulande umgesetzt sein. Kein einfaches Unterfangen: Zum einen gibt es derzeit noch keine verbindliche Übersetzung; außerdem muß die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) als zuständige Organisation mit jedem Sportfachverband eine Vereinbarung über Dopingkontrollen abschließen.

Und nicht nur der Anti-Doping-Code, auch weitere Internationale Standards wie die neue, nicht unumstrittene Verbotsliste für 2004 müssen umgesetzt werden. Außerdem soll die NADA voraussichtlich ab 2005 nicht nur Trainingskontrollen organisieren, sondern auch Wettkampfkontrollen.

Viele Aufgaben für die relativ kleine Bonner Organisation, die sieben Mitarbeiter zählt und über einen Jahresetat von 1,18 Millionen Euro verfügt. "Wir haben zwar neben der Deutschen Bank und der Telekom auch adidas als Partner gewinnen können.

Aber die finanzielle Ausstattung reicht für die vielen Aufgaben nicht aus", so Professor Dirk Clasing, stellvertretender NADA-Vorstandsvorsitzender. "Wir brauchen mehr Unterstützung aus der Wirtschaft. Derzeit können wir nur Schritt für Schritt vorgehen", sagte der Vorsitzende des NADA-Kuratoriums, Hans-Ludwig Grüschow. Angedacht seien die Einrichtung eines Schiedsgerichtes und Präventionsmaßnahmen.

Spitzenathleten als Vorbilder für Hobby-Sportler

Wobei sich die NADA vorerst nur auf den Leistungs- und Spitzensport konzentriert: "Großangelegte Kontrollen im Breitensport sind für uns nicht machbar", so Clasing. Professor Müller vom Dopinganalytik-Institut Kreischa verweist jedoch auf den Einfluß, den Spitzensportler haben können: "Wenn Topsportler sich kritisch mit Doping auseinandersetzen, wird das auch Auswirkungen auf den Breitensport haben."



FAZIT

Bei Trainingskontrollen wurden im vergangenen Jahr nach einer Statistik des Deutschen Sportbundes in Frankfurt/Main bei Spitzensportlern am häufigsten Tetrahydrocannabinol (THC) nachgewiesen, bei Wettkampfkontrollen waren es anabole Wirkstoffe, Stimulantien und THC.

Für die nächsten Monate steht nun die Umsetzung des Anti-Doping-Codes auf der Agenda: Bis zu den Olympischen Spielen soll der von der World Anti-Doping-Agency entwickelte Code auch in Deutschland eingeführt werden. (ric)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Und wer kontrolliert den Breitensport?

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