Für den Erfolg schuften die deutschen Teamärzte notfalls Tag und Nacht

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Von Pete Smith

Sie sind darauf vorbereitet, Tag und Nacht im Einsatz zu sein, und hoffen, daß ihr Streß möglichst lange anhält. Bestenfalls vier volle Wochen. Denn am liebsten würden die drei Ärzte und vier Physiotherapeuten, die die deutschen Fußball-Nationalspieler während der am Samstag beginnenden Europameisterschaft in Portugal betreuen, auch am 4. Juli im Estádio da Luz in Lissabon noch auf der Bank sitzen. An diesem Abend nämlich, genauer um 20.45 Uhr, wird das Endspiel der EM 2004 angepfiffen. Und natürlich wäre es toll, wenn der amtierende Vize-Weltmeister Deutschland einer der beiden Finalgegner wäre.

"Wenn wir mit noch so extremer Tag- und Nachtarbeit entscheidend helfen können, daß Höchstleistungen herauskommen wie bei der Euro 96 in England oder zuletzt bei der WM 2002, macht uns das besonderen Spaß", sagt Mannschaftsarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Der 61jährige Orthopäde ist der erfahrenste Mediziner im Team. Es ist seine dritte EM-Teilnahme, und dreimal saß er auch bei Weltmeisterschaften auf der Bank.

Dr. Josef Schmitt, Chefarzt des Marien-Krankenhauses in Bergisch-Gladbach, steht ihm kaum nach. Schmitt fehlt bloß eine WM-Teilnahme, um zum Bayern-Doc Müller-Wohlfahrt aufzuschließen. "Ich gehe davon aus, daß auch in Portugal wieder alles so gut klappen wird wie vor zwei Jahren bei der WM", gibt sich der 59jährige Orthopäde optimistisch. "Wir sind wirklich ein eingespieltes und gut harmonisierendes Team."

Jüngster deutscher Arzt in Portugal wird Dr. Tim Meyer sein. Für den 36jährigen Internisten ist die Berufung ins Team die erste EM-Teilnahme überhaupt. Bislang war er auch nur einmal - nämlich vor zwei Jahren - bei einer Weltmeisterschaft dabei: Damals wurde er bekanntlich Vize-Weltmeister. Meyer ist für die internistischen und leistungsphysiologischen Belange zuständig. Er überwacht die Belastung der Spieler und koordiniert deren Regenerierung. Auch wenn sich ein Profi den Magen verdirbt oder eine andere akute Erkrankung erleidet, ist Internist Meyer der erste Ansprechpartner.

Müller-Wohlfahrt, Schmitt und Meyer erhalten Unterstützung durch ein Team erfahrener Physiotherapeuten. Ohne Adolf Katzenmeier kann man sich ein großes Turnier mit deutscher Beteiligung gar nicht mehr vorstellen. Der 69jährige war schon bei sechs (!) Weltmeisterschaften dabei, und Portugal 2004 ist seine siebte (!) EM. "Ich könnte ein Buch darüber schreiben, was ich alles mit den DFB-Auswahlmannschaften, ob bei der Jugend oder im A-Team, erlebt habe, seitdem ich von Sepp Herberger erstmals um meine Mitarbeit im medizinischen Stab gebeten wurde", sagt Katzenmeier. "Eines ist aber klar: Was auf der Massagebank oder in der Kabine gesprochen wird, gehört nicht in die Öffentlichkeit."

Für seinen Kollegen Klaus Eder bedeutet Portugal die neunte Teilnahme an einem großen Turnier. Der 50jährige Physiotherapeut liebt die Arbeit im Team: "Da steuert dann bei der Behandlung der Spieler jeder seine unterschiedlichen Erfahrungen und sein spezielles Fachwissen bei."

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ergänzen der 40jährige Christian Müller und der 46jährige Wolfgang Bunz das Physiotherapeuten-Team der Nationalmannschaft. Beide haben je zwei WM-Teilnahmen und mit Portugal auch zwei EM-Teilnahmen aufzuweisen.

"Ich arbeite zwar gern", so Müller-Wohlfahrt, "aber lieber ist es mir natürlich, wenn sich kein Spieler verletzt." Daher wirkt er präventiv. Wenn Deutschland bis zum 4. Juli dabei bleiben dürfte, wäre das für seine Arbeit Belohnung genug.

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