Mit den Nylons der Gattin trotzen die Läufer dem Sand

Von Silvia Haouichat Veröffentlicht:

Es gibt Menschen, die nicht still sitzen können, sie laufen und laufen, am liebsten Marathon. Und diesen möglichst in Extremform, etwa als Ultra-Marathon oder auf schwierigem Terrain, zum Beispiel auf Sand. Einen Marathon in der algerischen Sahara sind die Ärzte Dr. Holger Finkernagel aus Bad Berleburg und Dr. Said Kahla aus Kirchheimbolanden Ende vergangenen Jahres gelaufen.

In der Region Timimoun/Tinerkouk (etwa 1500 km südwestlich von Algier) waren sie mit 400 Teilnehmern aus Europa, Algerien und Marokko beim 5. Marathon des Dunes dabei.

Von wegen Hitze - in der Nacht war‘s minus drei Grad kalt!

Die Vermutung, daß der Temperaturunterschied zum winterlichen Europa belastend sein würde, war ein Irrtum. "Es war ungewöhnlich kalt in der Sahara", erzählen die Ärzte: Tagsüber kletterte das Thermometer auf knapp 16 Grad in der Sonne, nachts sogar fiel es auf minus drei Grad. 600 Kilometer weiter östlich in Bechar fiel zum ersten Mal seit 100 Jahren sogar Schnee. Wohl dem, der Handschuhe dabei hatte! Zwei Läufer fielen wegen Erkältungen sogar ganz aus.

Weil man nicht so richtig ins Schwitzen kam, gab es keine Probleme wegen Magnesiummangels oder Krämpfen. "Trotzdem darf man nicht verkennen, daß Laufen auf Sand für die Muskulatur belastender ist als auf hartem Untergrund", sagt Kahla. Zehn Kilometer zählen dann wie 15 Kilometer. "Für den Kreislauf ist das kein Problem, vorausgesetzt man führt ausreichend Elektrolyte zu und teilt seine Kräfte richtig ein".

Zu kämpfen hatten die Läufer mit starkem Gegenwind, der sich fast zum Sandsturm auswuchs. Dafür sind erfahrene "Sandhasen" ausgerüstet mit einer Schildkappe, einer Mütze, die über Kopf und Nacken gezogen werden kann und ganz wichtig: mit einer Sonnenbrille mit seitlichem Windschutz gegen den feinen Sand - eine Skibrille tut's auch. Problematisch sind normale Brillen. Wer auf eine Sehhilfe angewiesen ist, muß gleich nach dem Zieleinlauf die Augen vorsichtig mit Wasser spülen.

STICHWORT Saharamarathon

Dr. Holger Finkernagel ist der deutsche Direktor der World Humanitarian Marathon and Ultramarathon Foundation (Wien), die Ende Februar ebenfalls einen Wüstenlauf organisiert. Der Saharamarathon vom 21. bis 26. Februar 2005 in Tindouf/Westsahara ist ein Wohltätigkeitslauf für die Sahraouis in den Flüchtlingscamps.

Weitere Infos im Internet: www.saharamarathon.info oder unter www.whmf.org

Das A und O für einen gelungenen Lauf ist eine gute Vorbereitung: läuferisch-konditionell gesehen und was die Frage betrifft, was nehme ich mit? Man sollte unbedingt eine Mütze mit Nackenschutz gegen die starke UV-Strahlung und ein langärmeliges Laufshirt einpacken. Die Empfehlung eines nicht zu knappen Beinkleides beruht dagegen eher auf der Rücksichtnahme gegenüber der muslimische Bevölkerung.

Apropos Socken: Am meisten haben die Läufer mit wunden Füßen und Blasen zu kämpfen. Schusters Rappen schwitzen nicht nur beim Laufen, es sammelt sich auch allerhand Sand in den Schuhen.

Tip der Ärzte: Gamaschen verwenden! "Schauen Sie in die Strumpfschublade Ihrer Gattin und stibitzen Sie die Nylons!" Zwei Strümpfe über jeden Laufschuh gezogen sind ein wirksamer Filter gegen die Streusandbüchse Sahara.

Jeden Morgen sollte man zudem frische Socken anziehen. Ein Rest Sand, der kratzt und scheuert, bleibt immer zurück und kann Blasen verursachen. Eine Woche vor dem Lauf sollte man sich zudem die Fußnägel schneiden. Für den Fall, daß man sich doch Blasen oder sonstige Blessuren gelaufen hat, helfen Fettcremes (Hirschtalg) oder einfach Leukotape zum Abkleben.

Der Marathon des Dunes ist auf drei Tage verteilt, weswegen ihn auch ungeübtere Läufer absolvieren können. Täglich sind 14 Kilometer zu laufen oder zu walken. Die Routen gehen sternförmig in die verschiedenen Oasen. In Tinerkouk wurde im Zeltlager geschlafen. Deshalb war man gut beraten, den eigenen Schlafsack einzupacken.

Die Verpflegung vor Ort war landestypisch, einige Teilnehmer schwärmen noch heute von Olivensuppe und Couscous. Als stille Reserve für den Lauf packen Kahla und Finkernagel kohlehydrathaltige Produkte wie Müsliriegel oder Trockenobst in die Hüfttasche.

Obgleich selbst gebürtiger Algerier, war für Said Kahla die stille und wunderschöne Oasenlandschaft ein besonderes Erlebnis. Auch Holger Finkernagel, der häufig Wüstenstrecken läuft, schätzt die "außerordentliche Ruhe, Weite, Sanftheit der Sandhügel". Beeindruckt zeigten sich beide von der Freundlichkeit und Gastlichkeit der Bevölkerung. "Die Laufstrecken waren gesäumt von fröhlichen Zuschauern, die uns lebhaft unterstützten", sagt Kahla. Abends im Berberzelt auf weichen Kissen, bei süßem Pfefferminztee und einheimischer Musik habe er ganz deutlich die "Atmosphäre von 1001 Nacht" gespürt, gesteht Finkernagel.

 

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