"Die Tour stellt für die Fahrer kein gesundheitliches Risiko dar"

Von Nadine Bös Veröffentlicht:

Wenn Jan Ullrich während der Tour de France stürzt oder wenn er nur einen Schnupfen bekommt - Teamarzt Dr. Stefan Vogt oder einer seiner Kollegen ist sofort zur Stelle. Zusammen mit drei weiteren Mannschaftsärzten wacht Vogt vor Ort über seine Schützlinge vom Team T-Mobile. Bisher hat es bei der Tour noch keine größeren medizinischen Vorfälle gegeben, freut er sich. "Die Folgen von Jan Ullrichs Trainingsunfall haben wir soweit im Griff", glaubt Vogt.

Teamärzte reden auch bei den Trainingsplänen mit

Für die Teamärzte bedeutet die medizinische Betreuung der Fahrer mehr als die Behandlung bei einer akuten Erkrankung. "Wir haben auch maßgeblichen Einfluß auf die Trainigspläne", erzählt Vogt. Beispielsweise fällt während der Vorbereitung eine regelmäßige Laktat-Leistungsdiagnostik in seinen Aufgabenbereich: Anhand der Werte bespricht er mit dem Trainer, welches Teammitglied wieviel strampeln darf.

Während der Tour sind die Teamärzte doppelt gefragt. "Wir versorgen die Fahrer nach Stürzen oder bei Infektionskrankheiten", sagt Vogt. "Außerdem sind wir zuständig für das Regenerationsprogramm und die Ernährungsplanung." Damit diese auch eingehalten wird, reist ein Koch mit, der akribisch Kalorien zählt. "Zusätzlich verabreichen wir ständig Elektrolyte, Vitamine und andere Nahrungsergänzungsmittel", so Vogt.

Mediziner begleiten Fahrer zu den Dopingkontrollen

Schließlich gehört es auch zum Job der Teamärzte, ihre Schützlinge zu den Dopingkontrollen zu begleiten. Nach Vogts Aussage gab es bei der Tour noch nie eine positive Dopingprobe seiner Schützlinge. Und obwohl Ärzte im Profiradsport zuweilen den Ruf genießen, im Hinterstübchen Substanzen zu mischen, die sich bei Tests nicht nachweisen lassen: Vogt fühlt sich von solchen Verdächtigungen überhaupt nicht betroffen: "Bevor wir ein Mittel verabreichen, prüfen wir genau, ob es auf der Dopingliste steht."

Dr. Ernst Jacob vom Team Gerolsteiner glaubt, daß Doping vor allem im Radsport streng beäugt wird, in anderen Sportarten jedoch nicht so genau hingesehen werde. "Die Leichtathleten sind uns zum Beispiel bei den Kontrollen noch hundert Jahre hinterher", so Jacob. Seiner Meinung nach wird das Thema Doping im Radsport in der Öffentlichkeit "überproportional dargestellt".

    Viele Radprofis leiden an Infektionen der Atemwege.
   

Die Tour de France ist eine der härtesten Sportveranstaltungen der Welt. Viele Radprofis leiden unter häufigen Infekten der Atemwege, manche auch an Asthma. "Durch die hohe Ventilation werden Schadstoffe in viel höherem Maße eingeatmet," erklärt Jacob. "Der Ausdauersport beeinträchtigt außerdem das Immunsystem."

T-Mobile-Arzt Vogt bestreitet dagegen, daß die Tour die Gesundheit der Sportler schädigt: "Durch die jahrelange Vorbereitung stellt die Tour de France für die Fahrer kein gesundheitliches Risiko dar," sagt er. "Für einen Hobby-Sportler wäre eine solche Belastung allerdings ganz klar gesundheitsschädlich."

Vogt ist nicht nur Arzt des Teams, sondern auch ein großer Fan der Fahrer. Über die Jahre sind zwischen Arzt und Sportlern zudem echte Freundschaften entstanden, berichtet er: Man lädt sich gegenseitig zu Hochzeiten ein und schickt sich Glückwunschkarten zum Geburtstag.

Am Rand stehen und die Fahrer anfeuern kann der Teamarzt in den Wochen der Tour allerdings nicht. Er fährt mit dem Bus voraus zum Ende der Etappe, um seine Schützlinge dort in Empfang zu nehmen. "Immer wenn wir das Ende einer Etappe erreicht haben, machen wir sofort den Fernseher an", erzählt er. "Da fiebert jeder mit - sogar der Busfahrer."

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