In Polens Staatskliniken herrscht der Schlendrian

WARSCHAU (sbe). Verschwendung, Betrug und keine Aufsicht: Das ist das Ergebnis eines Berichtes, den die staatliche Kontrollkammer NIK über die polnischen Krankenhäuser erstellt hat.

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Signet der Nationalen Kontrollkammer in Polen: Sie wacht über die Verwendung von Steuergeldern.

Signet der Nationalen Kontrollkammer in Polen: Sie wacht über die Verwendung von Steuergeldern.

© Foto: sbe

Die unabhängige Behörde ist in Polen dafür verantwortlich, zu überprüfen, was der Staat mit den Steuergeldern macht. Wie die polnische Tageszeitung "Rzeczpospolita" schreibt, geht es in diesem Fall um es eine Summe von 2,2 Milliarden Zloty (rund 670 Millionen Euro). Die Regierung hatte diese Gelder für den Schuldenabbau vorgesehen. Doch sind die Krankenhäuser damit alles andere als sorgsam umgegangen.

Obwohl die Kontrolleure nur 34 Spitäler gecheckt haben, mussten sie vier Mal die Staatsanwaltschaft einschalten. Allein in diesen Einrichtungen wurden 187 Millionen Zloty (57 Millionen Euro) unrechtmäßig verwendet. Die NIK hat keine Zweifel, dass sich das gesamte Gesundheitssystem ändern muss. Besonders groß ist dabei die Schuldenlast, die bei etwas zehn Milliarden Zloty (3,3 Milliarden Euro) liegt, so die Schätzungen. Nach Auffassung der Kontrolleure haben viele Kliniken ihre Restrukturierungsprogramme nur deswegen begonnen, um öffentliche Gelder zu erhalten. In den meisten Fällen seien diese Pläne aber viel zu ehrgeizig und könnten kaum umgesetzt werden. "Die Resultate in drei von vier Krankenhäusern seien schlechter gewesen, als der Plan vorgesehen hat", so die Bewertung der NIK. So hat beispielsweise das Krankenhaus in der nordostpolnischen Kreisstadt Grajewo es nicht geschafft, die eigentlich vorgesehene IT-Infrastruktur einzuführen.

Und ebenso wenig effektiv arbeiteten die Kollegen in der südwestpolnischen Stadt Pulawy. Eigentlich sollte eine Abteilung für Schwerkranke mit 40 Betten errichtet werden. Tatsächlich stellte die Klinik aber nur vier Betten ihren Patienten zur Verfügung. Statt schwarze Zahlen zu schreiben wurden nun Verluste eingefahren. "Es ist meinem Krankenhaus nicht gelungen, die Anforderung zu erfüllen, die das Restrukturierungsgesetz an uns gestellt hat", gab Marian Jedlinski, Direktor der Klinik, zu.

Und das sei anderen Kliniken auch so gegangen. Deswegen sieht die Zukunft der Einrichtung nicht rosig aus. Die Kontrolleure warnen, dass die Krankenhäuser ohne tiefgreifende Reformen weiter im Schuldensumpf versinken könnten. Folge könnte eine Privatisierung sein. Das ist jedoch wenig populär, weil viele Bürger unterstellen, Privatkliniken würden sich eher um die wirtschaftlichen Notwendigkeit kümmern als um das Wohl der Patienten. 56 Prozent der Polen lehnen eine Privatisierung der Krankenhäuser ab - nur 28 Prozent sind dafür, so das Ergebnis einer Umfrage der polnischen Meinungsforschungsagentur CBOS.

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