Auch mit Fonds bleibt es bei der Lohnbezogenheit der GKV

Der Gesundheitsfonds stabilisiert die GKV, ihre Einnahmebasis hat aber weiter Schlagseite.

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Geboren wurde er still und heimlich in der Bundestagswahlnacht 2005: Weil weder Union noch SPD für ihre gesundheitspolitischen Reformkonzepte von Kopfpauschale und Bürgerversicherung eine Mehrheit für eine Koalition mit ihren klassischen Bündnispartnern bekamen, musste ein Kompromiss die tiefen Gräben zuschütten - der Gesundheitsfonds.

"Erforderlich ist ein Konzept, das dauerhaft die Grundlage für ein leistungsfähiges, solidarisches und demografiefestes Gesundheitswesen sichert", schrieben sich die unfreiwilligen Partner gegenseitig in den Koalitionsvertrag. Ab Januar wird sich der Fonds nun beweisen müssen. Schon heute zeichnen sich Trends ab:

  • Zumindest mittelfristig gewährleistet der Fonds Beitragssatzstabilität. Eine Erhöhung des nun einheitlichen GKV-Beitrags von 15,5 Prozent ist nur dann vorgesehen, wenn die Fonds-Deckung zwei Jahre lang 95 Prozent der Ausgaben unterschreitet. Zumindest die Arbeitgeber haben in dieser Zeit ihre Ruhe vor weiteren Beitragssatzanstiegen. Den Bürgern hingegen drohen bereits in den kommenden Monaten Belastungen von bis zu acht Milliarden Euro, sollten alle Kassen zur Option der Zusatzbeiträge erheben.
  • Für die Kassen dürfte sich durch die Systematik des Fonds langfristig der Druck erhöhen, ihre Ausgaben über innovative Versorgungskonzepte zu senken. Dabei geht etwa der BKK-Bundesverband davon aus, dass dies vor allem bei kostspieligen Krankheiten der Fall sein könnte, für die es keine besonderen Zuschläge aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich geben wird, etwa für Rückenleiden. Zwar erwarten Beobachter einen Rückgang bei selektivvertraglichen Versorgungsformen, doch am Konzept der Integration verschiedener Leistungsanbieter dürfte auf lange Sicht auch aus Qualitätsaspekten kein Weg vorbeiführen.
  • Der Fonds dient als feste Adresse für staatliche Gelder. Auf 14 Milliarden Euro soll der Steuerzuschuss in den kommenden Jahren anwachsen. Allerdings wäre es auch möglich gewesen, die GKV zunächst von versicherungsfremden Leistungen zu entlasten, statt sie mit Geldern aus dem Bundeshaushalt auszustatten. Rückt die Bundesregierung aber von ihren Versprechen ab, geht sie anders als bisher ein hohes Risiko ein, denn dies führt im schlimmsten Fall entweder zu höheren finanziellen Belastungen der Bürger oder zu Rationierung auf der Leistungsseite. Zudem dürfte es für sie schwieriger werden, weitere versicherungsfremde Leistungen von der GKV finanzieren zu lassen.
  • Außer einer indirekten Einbeziehung anderer Einkünfte durch den Steuerzuschuss bleibt es indes bei der Einkommensbezogenheit des Fonds. Die SPD konnte sich mit ihrem Konzept nicht durchsetzen, auch Miet- und Zinseinkünfte zur Finanzierung der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung heranzuziehen. Im Gegenzug musste die Union ihren Plan begraben, für das vom Einkommen unabhängige Risiko Krankheit auch eine einheitliche Prämie von den Bürgern zu verlangen. (ble)

GKV bildet weiter keine Rücklagen

Auch mit dem Gesundheitsfonds leben die gesetzliche Krankenkassen weiter von der Hand in den Mund: Rückstellungen, wie sie in der privaten Krankenversicherung üblich sind, gibt es nicht. Immerhin verhindert der Fonds jetzt, dass die Kassen bei steigenden Ausgaben den einfachen Weg einer Beitragssatzerhöhung wählen. Stattdessen müssen sie künftig mehr Leistung aus den ihnen zugewiesenen Geldern herauskitzeln. (ble)

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