Gaben Wiesn-Gäste Blutproben ohne ihr O.k?

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen Wissenschaftler zweier Universitäten aufgenommen. Sie sollen betrunkenen Wiesn-Besucher in München ohne ihr Einverständnis Blutproben entnommen haben.

Von Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Hoch die Maß - etliche Wiesn-Besucher heben eine davon zu viel.

Hoch die Maß - etliche Wiesn-Besucher heben eine davon zu viel.

© Foto: imago

MÜNCHEN. Weil Wissenschaftler der Universitäten Leipzig und Dortmund 2004 auf dem Münchner Oktoberfest für eine Studie über Alkoholvergiftungen Blutproben von 405 betrunkenen Wiesn-Gästen genommen hatten, ermittelt die Staatsanwaltschaft. Strittig ist, ob für die Blutentnahmen zu Studienzwecken, die in der Sanitätsstation des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) auf dem Oktoberfest vorgenommen worden sein sollen, von allen 405 Untersuchten eine wirksame Einverständniserklärung vorlag.

Nach Angaben des BRK habe der verantwortliche Arzt aus Leipzig erklärt, er habe von allen 405 Untersuchten unterschriebene Erklärungen. Allerdings habe er nur 178 Dokumente vorlegen können, so das BRK. Die Einverständniserklärungen sollen bei Verlassen der Sanitätsstation unterschrieben worden sein.

Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft waren durch ein anonymes Schreiben ausgelöst worden, in dem unter anderem der Verdacht geäußert wurde, die Blutproben seien lediglich zu Studienzwecken genommen worden. Ein Toxikologe der TU München betonte demgegenüber, eine Blutprobe sei bei Alkoholintoxikation medizinisch durchaus indiziert.

In der Sanitätsstation des BRK auf dem Oktoberfest werden jährlich rund 9000 Wiesn-Besucher notfallmäßig versorgt. In vielen Fällen handelt es sich dabei um stark Betrunkene, die mehr oder weniger bewusstlos eingeliefert und nach der Ausnüchterung entlassen werden.

Die inzwischen veröffentlichte Studie war zum Ergebnis gekommen, dass es sich bei den stark Betrunkenen in der Regel um jüngere Männer unter 30 Jahren handelt. Nach Medienberichten soll der Verfasser der Studie eingeräumt haben, dass die Studie inhaltliche Mängel habe und deshalb besser nicht publiziert worden wäre.

Im Raum steht der Verdacht der Körperverletzung, falls die Blutabnahme nicht notwendig gewesen sein sollte oder eine nicht sachgemäße Behandlung, falls sich herausstellen sollte, dass Patienten wegen der Studie nicht in der nötigen Eile in eine Klinik transportiert wurden.

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