Landtagswahlkampf im Norden öffnet Ärzten Türen

In Schleswig-Holstein finden zeitgleich mit der Bundestagswahl auch vorgezogene Landtagswahlen statt. Das Ergebnis ist genauso offen wie auf Bundesebene.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:

KIEL. Wie einen Brustlöser beschreibt Dr. Klaus Bittmann den Wechsel an der Spitze des schleswig-holsteinischen Gesundheitsministeriums: "Plötzlich gehen Sachen, die vorher nicht gingen. Die niedergelassenen Ärzte und ihre Vertreter sind wieder als Kooperationspartner gefragt, die Türen stehen offen."

Nicht nur Bittmann, auch andere Vertreter der niedergelassenen Ärzte pflegten ein angespanntes Verhältnis zur entlassenen Gesundheitsministerin Dr. Gitta Trauernicht. Am 15. Juli war in Kiel die große Koalition aus CDU und SPD zerbrochen, unmittelbar danach entließ Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) die vier SPD-Minister aus seinem Kabinett, darunter auch die seit fünf Jahren amtierende Trauernicht. Für sie übernahm bis zur Wahl Landwirtschaftsminister Dr. Christian von Bötticher das Ressort. Der Jurist gilt bei den schleswig-holsteinischen Christdemokraten als eine Art Kronprinz von Carstensen. Er beschränkte sich in den zurück liegenden Wochen auf ein Wirken hinter den Kulissen und begleitete etwa regionale Kooperationsgespräche zwischen Partnern im Gesundheitswesen.

Öffentliche Auftritte zu Themen aus dem Gesundheitswesen mied er weitgehend - so wie seine Vorgängerin auch. Dauerpräsenz zeigte dagegen FDP-Gesundheitsexperte Dr. Heiner Garg, der allabendlich auf Podiumsdiskussionen mit niedergelassenen Ärzten über das künftige Gesundheitswesen diskutierte.

Garg hatte dabei einen leichten Stand, während Trauernicht in den vergangenen Monaten zunehmend zum Feindbild vieler Ärzte wurde. Die Ministerin hatte öffentlich in Zweifel gezogen, ob die Bedenken der Ärzte in Zusammenhang mit der Honorarreform - die im Norden besonders groß waren - berechtigt sind.

Hinter den Kulissen war es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der KV-Spitze gekommen, weil diese nicht einfach Vorgaben der Aufsicht umsetzen wollte. Entsprechend angespannt war das Verhältnis der Ministerin zu den niedergelassenen Ärzten und zu ihren Interessensvertretungen. Auch im Klinikbereich fühlte sich viele nicht angemessen vertreten. Trauernicht hatte es nicht verhindern können, dass die Krankenhäuser im Norden seit Jahren wegen des niedrigen Basisfallwertes bundesweit die geringsten Preise für stationäre Leistungen erhalten. Trauernichts Bemühungen um Angleichung wurden zwar anerkannt, kamen vielen aber zu spät.

Früh war Schleswig-Holstein dagegen auf den Zug aufgesprungen, als mehrere Bundesländer sich als Gesundheitsland positionierten. Trauernicht hatte schnell erkannt, wie wichtig das Gesundheitswesen für die schwache Wirtschaft zwischen Nord- und Ostsee ist.

Eine Rolle spielt es deshalb im Wahlkampf aber nicht - abgesehen von lokalen Podiumsdiskussionen, die den Liberalen überlassen werden. Wie wenig Gesundheit nach Meinung der Parteien für den Wahlkampf taugt, zeigt ein Blick in ihre Programme, in denen das Thema in aller Regel mit Floskeln wie "Wir wollen die Kooperation stärken" abgehandelt werden.

Wer nach der Wahl Gesundheitsminister wird, ist ebenso offen wie der Wahlausgang. Nicht ausgeschlossen, dass sich die niedergelassenen Ärzte dann wieder auf einen angespannteren Umgang im Ministerium einstellen müssen.

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