Kommentar
Ein neuer Kampf um Begriffe beginnt
Wer es seit 2005 vergessen hat, weiß es jetzt wieder: Der Streit um Sozialreformen ist immer auch ein Kampf um Begriffe. Das zeigt die Debatte über die von Schwarz-Gelb geplante Gesundheitsreform. Kaum war die Tinte trocken, stritten CDU, CSU und FDP wie die Kesselflicker darüber, was eigentlich im Koalitionsvertrag steht.
Es ist kein Zufall, dass sich das gesundheitspolitische Kapitel in weiten Teilen wie eine technische Betriebsanleitung liest. Schwarz-Gelb hat - im Wortsinne - keinen Begriff dafür, was man will. Stattdessen heißt es nur, man strebe ein System "einkommensunabhängiger Arbeitnehmerbeiträge an, die sozial ausgeglichen werden". Die Herkulesaufgabe, aus dieser Plastiksprache ein Reformkonzept zu zimmern, wird 2010 das beherrschende gesundheitspolitische Thema sein.
Allen voran CSU-Chef Horst Seehofer wird alles daransetzen, die Fehler von 2005 zu vermeiden. Vergeblich hatte er gegen das damalige CDU-Projekt der Kopfpauschale in der Krankenversicherung gekämpft. Das technokratisch anmutende Prämiensystem hatte im Wahlkampf gegen das SPD-Projekt der Bürgerversicherung keine Chance. Mit dem Kampf um Begriffe in der Gesundheitspolitik verpasste die Union 2005 den sicher geglaubten klaren Wahlsieg.
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