Für die allermeisten Deutschen ist der Fall der Mauer ein "Glücksfall der Geschichte"

20 Jahre nach dem Fall der Mauer sehen zwei Drittel der Bundesbürger die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 alles in allem positiv. Beim Blick ins Portemonnaie aber murren noch viele.

Von Bülent Erdogan Veröffentlicht:

Für zwei Drittel der Deutschen in Ost und West ist die deutsche Wiedervereinigung alles in allem erfolgreich verlaufen. Vor allem die über 65-Jährigen (73 Prozent) und die Gruppe der Führerscheinneulinge (18-24 Jahre, 75 Prozent) sind dieser Meinung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der CDU-nahen Konrad-AdenauerStiftung (KAS) zum Tag des Mauerfalls am 9. November vor 20 Jahren hervor.

Für die Befragung führte das Meinungsforschungsinstitut dimap zwischen dem 21. und 25. September 1307 Telefoninterviews, davon 603 in den neuen und 704 in den alten Ländern. Die Ergebnisse sind laut KAS proportional gewichtet.

In positiver Erinnerung ist den Bürgern dabei insbesondere der Mauerfall selbst geblieben. 92 Prozent der Menschen im Osten und 91 Prozent im Westen verbinden mit den historischen und menschlich mitreißenden Ereignissen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze positive Empfindungen.

Deutsche sind stolz auf den Sturz der SED-Herrschaft

Auf die friedliche Überwindung der Herrschaft der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zwischen Rügen und Bad Brambach sind vier von fünf Deutschen stolz. Ursache für das Ende des Unrechtsregimes, das meinen ebenfalls vier von fünf Bürgern in Ost und West, sei der unbändige Freiheitsdrang der Bürger gewesen.

Nicht vergessen ist dabei der mutige Einsatz vieler DDR-Bürgerrechtler für die Erkämpfung elementarer Freiheiten. 77 Prozent der Menschen im Osten und 74 Prozent im Westen weisen den Oppositionellen von damals wie Bärbel Bohley oder Friedrich Schorlemmer einen wesentlichen Anteil an der Überwindung der zweiten Diktatur auf deutschem Boden zu. Vier von fünf Bundesbürgern halten die friedliche Revolution schließlich für einen "Glücksfall in der deutschen Geschichte".

Im Vergleich damit fallen die Beurteilungen der Deutschen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen von 20 Jahren Einheit auf ihr Leben kritischer aus. Während im Westen immerhin 64 Prozent eine materielle Verbesserung ihrer Situation konstatieren, sind es im Osten nur 48 Prozent. Auch hier sind es die jungen Bundesbürger, die deutlich optimistischer in ihr Portemonnaie schauen (78 Prozent).

Dass sich die Lebensverhältnisse in beiden Teilen Deutschlands in den vergangenen Jahren verbessert haben, meinen im Westen 59, im Osten 40 Prozent. Bei den jungen Bürgern (61 Prozent) sowie den über 65-Jährigen (65 Prozent) ist die Zufriedenheit erneut deutlich stärker ausgeprägt.

Laut Umfrage stimmen zudem nur 54 Prozent der Menschen in der ehemaligen DDR der Aussage zu, dass die "Hoffnungen der Ostdeutschen auf Freiheit und Demokratie erfüllt worden sind" (Westen: 67). Gerade die Anhänger der Partei Die Linke sind bei dieser Frage besonders kritisch eingestellt: Nur 43 Prozent stimmen der Einschätzung voll und ganz oder eher zu. Bei den anderen Parteianhängern bewegen sich die Werte zwischen 61 (FDP) und 75 Prozent (CDU/CSU).

Bürger: Eile bei der Vereinigung war richtig

In den vergangenen beiden Jahrzehnten ist viel über die Strategie bei der Herstellung der deutschen Einheit gesprochen worden. Vielen Bürgern in Ost und West ging der Prozess der Wiedervereinigung zu schnell. Dass es keine Volksabstimmung über eine neue gesamtdeutsche Verfassung gab, war ebenfalls ein Kritikpunkt.

Schenkt man den Umfrageergebnissen Glauben, sind die Deutschen mit den Entscheidungen der Handelnden von damals aber mehrheitlich einverstanden. So meinen 63 Prozent der Menschen im Westen und 65 im Osten, dass für die Wiedervereinigung nur ein kurzes Zeitfenster offen stand und die sich bietenden Chancen schnell genutzt werden mussten. Dass die Wiedervereinigung durch Beitritt der ostdeutschen Bundesländer erfolgte, halten auch 20 Jahre nach dem Mauerfall 89 Prozent der Menschen im Westen und 80 Prozent im Osten für richtig. Auch 75 Prozent der Anhänger der Linken, die damals als SED/PDS gegen einen Beitritt nach dem alten Artikel 23 Grundgesetz war, ("Kein Anschluss unter dieser Nummer"), sind dieser Meinung.

Arbeiten müssen die Deutschen noch am Miteinander: 49 Prozent der Wessis und 41 Prozent der Ossis sind der Ansicht, dass man sich mittlerweile näher gekommen sei.

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