Zwist um neue S3-Leitlinie Demenz

Als wenig praxistauglich kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin die neue S3-Leitlinie Demenz. Hausärzte arbeiten nach einer eigenen Leitlinie, die unter Praxisbedingungen erprobt ist.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:

BREMEN. Maximalempfehlungen ohne Evidenz? Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hat in einer Stellungnahme die neue S3-Leitlinie Demenz (wir berichteten) kritisiert.

"Die DEGAM hat bereits 2008 ihre evidenzbasierte Leitlinie Demenz veröffentlicht", sagt Günther Egidi von der Leitlinienkommission der DEGAM der "Ärzte Zeitung". Diese sei wissenschaftlich ebenso fundiert wie die jetzt erschienene, "sie ist sogar unter Praxisbedingungen erprobt worden" - gerade für Hausärzte ist das ein wichtiger Aspekt für die Praxistauglichkeit einer Leitlinie.

Im Vorfeld sei es misslungen, die DEGAM-Leitlinie und die "erst jüngst erschienenen interdisziplinären S3-Leitlinie" zu verschmelzen. "Bei der Konsentierung sah sich die DEGAM allerdings nicht mehr der Lage, die Modalitäten des Konsensus und die vorgelegten Inhalte mitzutragen - weil grundlegende Differenzen in der Interpretation von Evidenz vorlagen, die sich im Abstimmungsprozess nicht lösen ließen", so die DEGAM in einer Stellungnahme.

Die für Hausärzte relevante Evidenz sei nicht ausreichend ausgearbeitet worden, hieß es. "In der S3-Leitlinie werden teilweise Maximalempfehlungen der Diagnostik und Therapie gegeben, die ohne zureichenden Evidenzbeleg für die primärärztlich versorgten Patienten sind", hieß es. Die DEGAM Leitlinie wäge zum Beispiel weitaus vorsichtiger ab, was eine Demenz-Diagnose für Betroffene und ihre Angehörigen bedeute, so Egidi. "Denn die Demenz-Diagnose kann auch ein Nachteil für den Patienten sein. Sie kann zum Beispiel Depressionen auslösen." Auch kritisiert die DEGAM die Forderung nach genereller bildgebender Diagnostik bei Demenzpatienten.

In die nationale Versorgungsleitlinie Demenz werden beide Leitlinien eingehen, sagte Egidi. "Im Zweifel geht es aus, wie bei der KHK Leitlinie: Die Hausärzte formulieren eine eigene."

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

NHANES-Analyse

Bei Hörminderung: Hörgeräteträger leben länger

Lesetipps
Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom

Die Empfehlungen zur Erstlinientherapie eines Pankreaskarzinoms wurden um den Wirkstoff NALIRIFOX erweitert.

© Jo Panuwat D / stock.adobe.com

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert