Ärztehonorar: Der Scheinschnitt wird niedriger sein als vor 13 Jahren

Aufregung unter Niedergelassenen in Niedersachsen: Für das dritte Quartal 2010 drohen Honorarverluste. Auf einer Sonder-Vertreterversammlung am 11. und 12. Juni soll diskutiert werden, ob die KV-Umlage erhöht wird.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Mehr Honorar? Schön wär‘s. In Niedersachsen wächst bei Niedergelassenen der Ärger.

Mehr Honorar? Schön wär‘s. In Niedersachsen wächst bei Niedergelassenen der Ärger.

© emil umdorf / imago

HANNOVER. Klamme Ärzte in Niedersachsen: Aufgrund der neuen Honorarsystematik werden viele niedersächsische Praxen im dritten Quartal 2010 empfindliche Verluste hinnehmen müssen. Die Ärztegenossenschaft Niedersachsen-Bremen (ägnw) und die beiden Hausärzteverbände Niedersachsen und Braunschweig fordern von der KV Niedersachsen (KVN) mehr Transparenz der Berechnungen.

"Fast alle Fachgruppen haben empfindliche Rückgänge zu beklagen. Bei den Hausärzten sind Rückgänge im Vergleich zu 2009 von 20 bis 25 Prozent zu verzeichnen, manche werden damit einen niedrigeren Scheinschnitt erreichen als 1997 (also vor 13 Jahren!)," heißt es in einem Schreiben der ägnw. Auch die beiden Hausärzteverbände schreiben in einem Fax an ihre Mitglieder: Die übermittelten Beträge für das dritte Quartal 2010 "erscheinen uns nicht glaubhaft und wären in keinster Weise akzeptabel."

"Eigentlich sollte mit der neuen Systematik der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina (QZV) die Regelleistungsvolumina gestärkt werden", sagte Dr. Jörg Berling von der ägnw der "Ärzte Zeitung", "aber genau das Gegenteil ist eingetreten, viele Praxen sind dadurch in ihrer Existenz bedroht. Das ist nicht mehr zu verstehen und wir fordern mehr Transparenz." Die ägnw macht "für diese Entwicklung vor allem eine schlechte, unzureichende und intransparente Honorarpolitik der KBV und der KVN verantwortlich", hieß es.

Der RLV-Schwund sollte bundesweit dadurch gestoppt werden, dass die ehemals freien Leistungen durch die QZV eingefangen werden. Das Manöver ist offensichtlich gescheitert. Das sieht auch die KVN so und deutet nach Berlin. "Die RLV konnten tatsächlich nicht stabilisiert werden", räumte KVN-Sprecher Detlef Haffke ein, "die Simulationsberechnungen der KBV waren also unzutreffend."

Die Morbi-Gesamtvergütung wird im dritten Quartal - unter anderem wegen sinkender Versichertenzahlen - voraussichtlich um fünf Prozent und damit um 30 Millionen Euro sinken, so die KVN, der Fallwert durchschnittlich um 1,50 Euro. Insgesamt liege der Landesfallwert der Hausärzte laut KV bei rund 56 Euro und damit noch um rund zehn Prozent über dem Vergleichswert von 2008.

Angesichts des massiven Protests müht sich die KVN, das Heft des Handelns wieder in die Hand zu bekommen. "Die Schwankungen sind nicht mehr kommunizierbar", sagte Haffke, "wir wollen darum die Honorarverteilung wieder verstärkt in der Region mit den Kassen verhandeln können." Außerdem müsse man nachdenken, ob man "die Pauschalierungen auflöst und wieder Einzelleistungen betrachtet, um die Honorare kalkulierbarer zu machen." Man habe sich bereits an die KBV gewandt.

Bei einer Sonder-Vertreterversammlung am 11. und 12. Juni soll unter anderem diskutiert werden, ob die Umlage erhöht wird, denn der Sicherstellungsfonds werde die Verluste besonders betroffener Praxen wohl nicht ausgleichen können. Zudem wird ein Treffen der Fachgruppenchefs zum Thema stattfinden.

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