Die Koalition hat den Mund zu voll genommen und ist weit davon entfernt, ihre großen Ziele zu erreichen. Angetreten, im Gesundheitswesen den Systemwechsel einzuleiten, verschwimmen die Konturen. Übrig bleiben ein Kostendämpfungsgesetz und die Hoffnung, dass von der positiven wirtschaftlichen Entwicklung auch die Sozialkassen etwas abbekommen.

Das hat nichts mit einer durchdachten Reform zur Sicherung der Kassenfinanzen zu tun. Diese Entwicklung dient nur einem Ziel, den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Denn allen ist klar: Eine Fortsetzung des Streits bedeutet das Ende der Koalition.

Womit muss also gerechnet werden? Den KBV-Forderungen nach einem Milliarden-schweren Honorarnachschlag erteilt die Koalition eine Absage - trotz aller Bekundungen, nur den Zuwachs begrenzen zu wollen. Schlimmer ist, dass sie sich damit einseitig in die Honorarverhandlungen zwischen KBV und Kassen einmischt. Das haben sich Ärzte unter einer schwarz-gelben Regierung anders vorgestellt. Zur Erinnerung: ein SPD-geführtes Ministerium hatte für zusätzliche Milliarden gesorgt und die morbiditätsabhängige Vergütung eingeführt.

Schwarz-Gelb geht jedoch wieder einen Schritt zurück. Selbst bei der hausarztzentrierten Versorgung will sie einen Rückzieher machen und auf das Lamento mancher Kassen hören - ohne valide Grundlage, ob die Kritik der Kassen, durch die Verträge finanziell zu stark belastet zu werden, berechtigt ist.

Allerdings: Keinen konkreten Vorschlag hört man, wie und wo die Kassen ihrerseits sparen könnten. Beispiel: Netto-Verwaltungsausgaben. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass die Ausgaben seit Jahren steigen. Allein von 2008 zu 2009 kletterten die Ausgaben von 8,28 Milliarden Euro auf 8,95 Milliarden Euro. Sicherlich hängt das Wohl und Wehe nicht alleine von den Verwaltungskosten der Kassen ab. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, warum einzelne Kassen für die Verwaltung pro Mitglied 103 Euro und andere über 120 Euro veranschlagen.

Wenn schon in der ersten Phase der Legislatur die gestalterische Kraft für strukturelle Reformen fehlt, sollte zumindest sichergestellt sein, dass sich beim Sparpaket Gesundheit jeder beteiligt - jeder nach seinen Möglichkeiten.

Schreiben Sie dem Autor: vdb@aerztezeitung.de

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