Homöopathie auf Kassenkosten? Blitz-Umfrage der "Ärzte Zeitung"

"Der politische Wille sagt nichts darüber aus, ob eine Therapieform sinnvoll ist oder nicht"

Politiker streiten über das Thema, ob Homöopathie Kassenleistung bleiben soll oder nicht. Aber auch niedergelassene Ärzte sind sich nicht einig über diese Frage. Sollen Patienten für diese Therapieform selbst bezahlen, weil der Wirkmechanismus nicht klar ist? Oder lassen sich mit Homöopathie sogar Kosten senken? Das Meinungsbild von Ärzten aus einer kleinen Umfrage.

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Soll für Globuli in Zukunft privat gezahlt werden?

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Dr. Markus Wiesenauer, Allgemeinmediziner, Weinstadt:

Der Beitrag im "Spiegel" und einige Stellungnahmen von Politikern sind vor allem als Polemik zu werten. Die Homöopathie ist für die gesetzlichen Krankenkassen kein relevanter Kostenfaktor: Zum einen sind die Präparate bis auf wenige Ausnahmen nur für Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren auf Kassenkosten zu verordnen. Zum anderen ist auch die Bezahlung der Erst- und Folgeanamnese durch die GKV an gewisse Voraussetzungen gebunden. Natürlich ist vieles in der Homöopathie naturwissenschaftlich noch nicht belegt. Aber auch nicht alles, was wir in der Schulmedizin machen, ist wirklich naturwissenschaftlich nachgewiesen. Und schlussendlich gilt immer noch: Wer heilt, hat Recht.

Dr. Hubert Prentner, Allgemeinarzt, Sulzbach:

Ich sehe in der Homöopathie kein sinnvolles Therapieverfahren: In meinen 30 Jahren Berufserfahrung habe ich keine Effekte gesehen. Wenn man sich als Arzt Zeit für seinen Patienten nimmt, zeigt dies eine bessere Wirkung, als homöopathische Arzneimittel. Ich bin grundsätzlich dagegen, wer es aber machen will, soll es machen, dann aber auch selbst dafür bezahlen. Das sehe ich auch bei der Akupunktur so. Außerdem sehe ich in der heutigen Zeit keine finanziellen Spielräume für Homöopathie.

Dr. Wolfgang Schuck, Allgemeinarzt, Laufach:

Ich bin kein Anhänger der Homöopathie - aber auch kein Gegner. Ich persönlich wende keine Homöopathie an. Was wirklich hilft ist Beziehungsarbeit. Mit der Homöopathie wird doch nur etwas symbolisiert. Wenn ein Patient solche Symbole braucht, ist das okay, aber nicht zulasten der Kassen! Außerdem werden auch die homöopathischen Mittel immer teurer. Wer als Patient Homöopathie möchte, sollte diese dann auch selbst zahlen.

Dr. Manfred Blinzler, Internist, Kronach:

Ich beuge mich dem politischen Willen. Wenn die Politik an Homöopathie sparen möchte, dann ist das in Ordnung. Therapieformen, die nicht vom Bundesausschuss genehmigt sind, sollten auch privat gezahlt werden. Ich habe selbst nichts gegen Homöopathie einzuwenden, in manchen Fällen kann es dem Patienten durchaus helfen. Aber der politische Wille sagt auch nichts über sinnvolle oder weniger sinnvolle Therapieformen aus.

Dr. Mirko Berger, Allgemeinmediziner, Anästhesist, Hamburg:

Als erstes ist festzuhalten, dass Homöopathie eine sehr preisgünstige Methode ist, und das gilt gerade bei der Behandlung von chronisch kranken Patienten. Ich schöpfe als Kassenarzt mein Arzneibudget nur zu 30 Prozent aus, und die Erfahrung zeigt, dass das auch für andere Ärzte gilt, die homöopathische Arzneimittel einsetzen. Mit den Richtgrößen gibt es kein Problem.

Zum zweiten lohnt es sich, einmal darüber nachzudenken, warum die Anfeindungen gegen die Homöopathie eigentlich von Zeit zu Zeit und mit schöner Regelmäßigkeit kommen. Manchen Menschen scheint die Methode gegen ihre Lebensphilosophie zu laufen. Doch die Sachlichkeit, die andere von den Homöopathen fordern, sollte man auch von den Gegnern der Homöopathie einfordern dürfen. Wenn Herr Lauterbach oder andere Gesundheitspolitiker behaupten, die Methode sei Scharlatanerie, dann ist dazu ganz einfach zu sagen, dass die Faktenlage das nicht hergibt. Es gibt Studien, die einen Effekt der Homöopathie zeigen. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Dr. Mustafa Ayhan, Zuschrift aus dem Internet:

Die Homöopathie ist eine 100-prozentige Placebo-Therapie die sich psychische Reaktionen zu Nutzen macht und deren Wirkungsgrad sich linear mit dem Glauben des Patienten an diese Therapieform auszeichnet. Als Arzt mit pharmakologischer Grundausbildung ist in meinen Augen eine physiologische Wirksamkeit solcher Mittel unmöglich und man könnte an Patienten die einen Nutzen daraus ziehen, genauso Traubenzuckerkügelchen geben und hätte denselben Wirkungsgrad, solange der Patient die Information erhält, immer noch das Originalpräparat zu bekommen. Den Nutzen aus Placeboeffekten kann man nicht leugnen, doch um davon zu profitieren braucht man nicht unnötige Ausgaben für überteuerte homöopathische Mittel zu leisten und könnte diese Einsparungen für andere Zwecke einsetzen. (ger/mn)

Lesen Sie dazu auch: Politiker und Ärzte streiten über Homöopathie

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