Schwimmübungen im Haifischbecken Gesundheit

Fritz Kuhn, Vize-Chef der Grünen im Bundestag, schärft sein gesundheitspolitisches Profil. Mancher handelt den gebürtigen Schwaben schon als Bundesminister in spe.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:

BERLIN. Fritz Kuhn muss warten. Knapp eine halbe Stunde. Dann darf sich auch der Fraktions-Vize der Grünen im Bundestag in die Debatte einmischen. Berlins Ex-Gesundheitssenator Ulf Fink hat zu einer Spezialausgabe des von ihm ins Leben gerufenen "Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit" geladen.

Gemeinsam mit Gesundheitspolitikern der im Bundestag vertretenen Parteien soll eine "Zwischenbilanz" nach einem Jahr Schwarz-Gelb gezogen werden. In der Gesundheitslandschaft tief verwurzelte Gesichter haben in den schwarzen Ledersesseln vorn auf dem Podium Platz genommen: der Zahnarzt Dr. Rolf Koschorrek von der CDU, Richter Heinz Lanfermann von der FDP, die Ärztin Dr. Marlies Volkmer (SPD) und die Gesundheitssprecherin der Links-Fraktion, Dr. Martina Bunge.

Fritz Kuhn inmitten dieser Gesellschaft? Das fühlt sich irgendwie neu an. Fritz Kuhn mit bissigen Kommentaren zur privaten Krankenversicherung ("parasitär") - das hört sich ungewohnt an.

Und doch wird es mehr und mehr zur Normalität im politischen Berlin, dass sich eben jener Fritz Kuhn neben Gesundheits-Sprecherin Biggi Bender zur Gesundheitspolitik zu Wort meldet: 100 Amtstage von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler - Fritz Kuhn wirft dem FDP-Politiker "Tatenlosigkeit" vor. Erste Lesung der Gesundheitsreform im Parlament - Fritz Kuhn attackiert die Pläne der Koalition als Anschlag auf ein Kernelement der sozialen Marktwirtschaft, die solidarische Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vorstellung des Konzepts einer grünen Bürgerversicherung - Fritz Kuhn erläutert fachkundig Details. Abend-Talk beim kleinen "Hauptstadtkongress" - Fritz Kuhn erklärt die Qualität zur "Oberfrage im System" und die Prävention zum "Superthema".

Die flapsige Bemerkung von FDP-Mann Lanfermann zur Bürgerversicherung - "Manche sprechen ja von Schildbürgerversicherung!" - kontert der Grüne geschickt: Eine Partei, die elf Jahre lang Steuersenkungen verspreche und ihr Versprechen bis heute nicht einlöse, solle sich mit derartiger Polemik eher zurückhalten.

Man spürt es ganz deutlich: Da baut sich einer langsam, aber systematisch auf: der Gesundheitspolitiker Fritz Kuhn, der im Haifischbecken Gesundheitswesen gerade sein Seepferdchen macht. Nicht wenige Beobachter sehen in Kuhn sogar den Bundesgesundheitsminister in spe. Um zu untermauern, was Spekulation ist, wird gerne folgendes Szenario entwickelt: SPD und Grüne lösen "spätestens" 2012 die recht blutleere Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel ab. Die SPD erhebt Anspruch auf das Arbeitsministerium - auch, um Korrekturen an den ungeliebten Hartz-IV-Gesetzen vornehmen zu können. Der grüne Koalitionspartner bekäme dann - wie bei der ersten roten-grünen Ehe 1998 - das Gesundheitsressort. Heißer Anwärter auf den Chefsessel, heißt es, sei Fritz Kuhn.

Der reagiert auf solche Spekulationen so, wie es sich für jemanden gehört, der noch etwas werden will in der Politik: Er schweigt sich wortreich aus. Natürlich habe seine Partei das nötige Personal, um im Bund zu regieren, vertraute Kuhn kürzlich der "Thüringer Allgemeinen Zeitung" an. Ob er selbst "ministeriabel" sei, sollten andere beurteilen. In seine Heimat Baden-Württemberg ziehe es ihn nicht zurück. "Ich bin in Berlin privat und politisch fest verankert."

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