In Berliner Amtsstuben grassiert das Siechtum

Von zehn Mitarbeitern ist mindestens einer immer krank: In Berlins öffentlicher Verwaltung ist der Krankenstand fast doppelt so hoch wie in der privaten Wirtschaft. Liegt es nur daran, dass die Mitarbeiter älter sind?

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Krank: In Berlins Amtsstuben sind selten alle Mitarbeiter da.

Krank: In Berlins Amtsstuben sind selten alle Mitarbeiter da.

© imagebroker / imago

BERLIN. Kaum irgendwo in Deutschland ist der Krankenstand so hoch wie in der öffentlichen Verwaltung von Berlin. Im Schnitt fehlt dort an jedem Arbeitstag einer von zehn Mitarbeitern wegen Krankheit.

Das geht aus dem Betrieblichen Gesundheitsbericht für das Land Berlin 2010 der Senatsinnenverwaltung hervor.

Der Bericht gibt eine Gesundheitsquote von 90,3 Prozent für die Landesbediensteten an. Im Vergleich zu 2009 ist sie um 0,6 Punkte gesunken. Der Krankenstand in den Berliner Ämtern liegt demnach im Umkehrschluss bei 9,7 Prozent.

Durchschnittlich fehlte jeder Mitarbeiter im Jahr 2010 an 35,6 Tagen. Das waren fast zweieinhalb Tage mehr als 2009 - und beinahe doppelt so viele wie bei einem durchschnittlichen erwerbstätigen Versicherten der Betriebskrankenkassen (18,3 Tage).

Viele der Berliner Verwaltungsmitarbeiter gehörten der 2011 wegen Insolvenz geschlossenen City BKK an.

Zum Vergleich: Der Fehlzeitenreport des Wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen (WIdO) nennt einen Krankenstand von 4,8 Prozent für die 9,7 Millionen AOK-versicherten Erwerbstätigen.

Die Berliner fehlen laut WIdO häufiger als im Bundesdurchschnitt (5,7 Prozent). Das gilt übrigens bei allen Krankenkassen. Der WIdO-Bericht unterscheidet auch nach Branchen.

Senat sieht Handlungsbedarf

Für die "Öffentliche Verwaltung und Sozialversicherung" ermittelte er einen Krankenstand von 5,5 Prozent.

Die Berliner Senatsinnenverwaltung weist darauf hin, dass ihre eigene Statistik im Gegensatz zum WIdO-Bericht auch Kurzerkrankungen bis zu drei Tagen berücksichtigt.

Zudem verweist sie darauf, dass im öffentlichen Dienst von Berlin viele gesundheitlich besonders gefährdete Mitarbeiter wie Polizisten und Feuerwehrleute beschäftigt seien.

Ein weiterer Grund für die Abweichung nach oben: Die Verwaltungsmitarbeiter in Berlin sind mit durchschnittlich 49 Jahren älter und der Anteil Schwerbehinderter höher als Beschäftigte anderswo, führt die Senatsinnenverwaltung an. Daher seien die Zahlen nicht mit denen der privaten Wirtschaft zu vergleichen.

Dennoch sieht die Senatsinnenverwaltung Handlungsbedarf: Das Betriebliche Gesundheitsmanagement soll nun stärker in den Verwaltungen verankert und mehr als bisher mit der Personalentwicklung verknüpft werden.

Ziel ist es, "die Bedeutung einer an Wertschätzung orientierten Verwaltungskultur sowie gesundheitsorientierter Rahmenbedingungen mehr in den Fokus zu rücken", heißt es in der Berichtsvorlage der Senatsinnenverwaltung an den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit stand bereits für das Jahr 2010 an erster Stelle der Ziele des Gesundheitsmanagements der Berliner Verwaltung.

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