Niedersachsen

Die Gesundheitspläne von Rot-Grün

Ohne Moos nix los? Die neue Landesregierung in Niedersachsen denkt gar nicht daran. Rot-Grün steht vor einem Haushaltsloch - und hat dennoch große Pläne für das Gesundheitswesen.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Der künftige Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Stellvertreter Stefan Wenzel (Grüne).

Der künftige Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und sein Stellvertreter Stefan Wenzel (Grüne).

© Kahnert/dpa

HANNOVER. Große Ziele, leere Kassen. Die neue rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen hat auf fünf Seiten ihres Koalitionsvertrages dargelegt, wie sie sich die Gesundheitspolitik in den kommenden vier Jahren vorstellt.

Die Rede ist von einer Pflegekammer, psychiatrischen Budgets oder einer umlagefinanzierte Altenpflegeausbildung - und vielem mehr.

Allerdings hat das Land kein Geld. Niedersachsen wirtschaftet mit einem Haushaltsloch von rund 500 Millionen Euro. Um die Ziele der Gesundheitspolitik wird sich nun die Sozialdemokratin Cornelia Rundt kümmern müssen. Sie wird die neue Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration.

Umlage für Pflegeausbildung

Dass die Koalition einen Schwerpunkt bei der Pflege setzen will, dürfte auch Rundts Einfluss zu verdanken sein. Sie ist seit 1997 hauptamtlicher Vorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbands in Niedersachsen.

Interessant: Auch Kranken- oder Pflegeeinrichtungen, die nicht ausbilden, sollen sich in Zukunft an den Kosten für die Ausbildung beteiligen. Die Landesregierung strebe "die Einführung einer solidarischen Umlagefinanzierung der Ausbildungsvergütung in der Altenpflegeausbildung zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Einrichtungen" an, heißt es.

Die Pflegeschüler sollen vom Schulgeld befreit werden. Rot-Grün will über eine Pflegekammer beraten und eine "Fachkommission Pflege ins Leben rufen."

Eine Abkehr von der bisherigen Politik der schwarz-gelben Vorgängerregierung zeichnet sich bei der Drogenpolitik ab. Sie soll "neu ausgerichtet" werden. So soll der regionale Zugang zu Methadon- und Diamorphinbehandlung ermöglicht werden.

In den Gefängnissen wollen die Koalitionäre die Substitutionsbehandlung für die Gefangenen reaktivieren. "Dazu gehört auch die Bereitstellung steriler Hilfsmittel."

Mehr Lehrstühle für Allgemeinmedizin

Für die ambulante Medizin bietet der Vertrag kaum Neues. Auf dem Land sollen die Patienten mobiler gemacht werden, damit sie den Weg zu den rar gesäten Hausärzten besser finden. Die Koalition will zudem mehr Lehrstühle für Allgemeinmedizin fördern.

Außerdem soll die Umschulung zu Ärzten für Allgemeinmedizin unterstützt werden. Welche Arztgruppen dafür in Frage kommen und wie dies bewerkstelligt werden kann, bleibt im Koalitionsvertrag unbeantwortet.

Um Hausärzte zu entlasten, wollen SPD und Grüne schließlich "nichtärztliche Tätigkeiten auf nichtärztliches Fachpersonal verlagern - zum Beispiel auf ambulante Pflegedienste". An diesen Themen hat auch schon die Vorgängerregierung gearbeitet.

Bemerkenswert allerdings ist, dass die Koalition Modellprojekte starten will, um Rettungsdienst und Bereitschaftsdienst besser zu verzahnen - hatte man in Niedersachsen doch seine Mühe, beides besser zu trennen, damit nicht wegen jeder blutenden Nase der Rettungsdienst ausrücken muss.

Mit Interesse dürfte die Niedersächsische Allianz für Krankenhäuser zwei ihrer Kernforderungen im Koalitionsvertrag wiederfinden: den Landesbasisfallwert auf den Bundesschnitt anzuheben und auf Bundesebene das DRG-System zu überdenken.

Für die Finanzierung der psychiatrischen Kliniken denkt die Koalition indessen nicht an DRGs, sondern will regionale psychiatrische Budgets in Modellprojekten erproben.

Am Dienstag wird der neue Landtag in Hannover über Stefan Weil (SPD) als Ministerpräsident abstimmen. Sein Stellvertreter soll der designierte Umwelt- und Energieminister Stefan Wenzel (Grüne) werden.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das rot-grüne Mantra

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