Praxisaufkauf

Hamburgs Ärzte begehren auf

Von wegen hanseatische Contenance: Der drohende Praxisaufkauf durch die KV hat die Vertreterversammlung empört.

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Fachärzte aus rechnerisch überversorgten Fachgruppen in Hamburg fürchten Praxisaufkäufe und wollen die Bürger informieren.

Fachärzte aus rechnerisch überversorgten Fachgruppen in Hamburg fürchten Praxisaufkäufe und wollen die Bürger informieren.

© Primabild / fotolia.com

HAMBURG. Hamburgs Ärzte sind empört über den drohenden Aufkauf von Arztpraxen durch die KV. Die Vertreterversammlung fordert eine öffentliche Kampagne, um der Bevölkerung die Folgen deutlich zu machen.

Die Empörung über die weit gediehenen Pläne zum verpflichtenden Aufkauf von Praxen durch die KV zog sich in der jüngsten KV-Vertreterversammlung quer durch alle Fachgruppen. Grund: Die Hansestadt wird massiv von den Auswirkungen des hierzu geplanten Gesetzes betroffen sein.

In einigen Fachgruppen gibt es einen rechnerischen Versorgungsgrad von bis zu 300 Prozent. "Sollen wir da die Hälfte der Praxen vom Markt nehmen und gleichzeitig haben wir Versorgungsengpässe?", fragte sich nicht nur KV-Vize Dr. Stephan Hofmeister.

Er nannte es "unverständlich", dass entsprechende Gesetzespläne von Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), der aktuellen Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, unterstützt werden. Denn die rechnerische Überversorgung sagt wenig über die starke Inanspruchnahme der Praxen.

Von "Praxisvernichtungsprogramm" die Rede

Hofmeister bekam breite Unterstützung in der Vertreterversammlung. Allgemeinmedizinerin Dr. Silke Lüder empörte sich über das "Praxisvernichtungsprogramm", Radiologe Dr. Andreas Bollkämper sprach von einem "Desaster" für seine Fachgruppe.

Derzeit gibt es rund 90 Radiologen in Hamburg, die laut Bollkämper durchweg voll ausgelastet sind. Sollte der Praxisaufkauf bei einer Versorgungsquote von 200 Prozent beginnen, müssten noch immer 30 Praxen aufgekauft werden - und die verbleibenden 60 würden die Versorgung im gewohnten Maß nicht mehr bewältigen können.

Orthopäde Dr. Torsten Hemker warf der Senatorin planwirtschaftliches Denken vor und forderte öffentliche Aktionen, die das Ausmaß der Gesetzespläne deutlich machen. Hausarzt Dr. Volker Lambert sieht den Fehler in einer falschen Bemessungsgrundlage bei der Berechnung der Versorgungsgrade.

Für die Psychotherapeuten bedeute die Umsetzung eine "Katastrophe", so Hanna Guskowski, weil die Wartezimmer in ihrer Fachgruppe auch ohne Praxisaufkäufe schon überfüllt seien.

Dermatologe Dr. Michael Reusch forderte, der nachwachsenden Ärztegeneration die Folgen des gesetzlichen Einschnitts deutlich zu machen: "Wir müssen die jungen Leute rebellisch machen." Die KV hat bereits eine Veranstaltung im Herbst auf dem Campus geplant. (di)

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