Prostituiertenschutzgesetz

Versicherung bleibt außen vor

Das Kabinett hat den Entwurf zum Prostituiertenschutzgesetz nach zähen Verhandlungen verabschiedet. Was fehlt, sagen Kritiker, ist die Pflicht zum Nachweis einer sozialen Absicherung - gerade mit Blick auf die osteuropäische Armutsprostitution.

Von Martina Merten Veröffentlicht:
Straßenstrich: Das Prostituiertenschutzgesetz schafft es nicht, sogenannte Armutsprostituierte zu schützen, bemängeln Kritiker.

Straßenstrich: Das Prostituiertenschutzgesetz schafft es nicht, sogenannte Armutsprostituierte zu schützen, bemängeln Kritiker.

© Yui Mok / dpa

BERLIN. Nachdem das Bundeskabinett am Mittwoch den Entwurf eines Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) beschlossen hat, wird aus den Reihen von Hilfsvereinen und der Unions-Fraktion massive Kritik laut.

"Die Frauen, überwiegend junge osteuropäische Armutsprostituierte, werden weiterhin ohne jede soziale Absicherung in der Prostitutions-Industrie vermarktet", bemängelt etwa Sabine Constabel von der Hilfsorganisation SISTERS - für den Ausstieg aus der Prostitution.

Ohne Krankenversicherung könnten sie nach wie vor nur bei akut lebensbedrohlichen Erkrankungen behandelt werden.

Gesundheitliche Beratung

Der Gesetzesentwurf regelt im Kern die Einführung einer Erlaubnispflicht für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes sowie eine persönliche Anmeldung für Prostituierte. Einhergehend mit der Pflicht zur Anmeldung sollen unter anderem Informationen zu gesundheitlichen und sozialen Beratungsangeboten sein.

Eine persönliche gesundheitliche Beratung, heißt es in Paragraf 10 des Entwurfs, gilt als Voraussetzung für die Erteilung der Anmeldebescheinigung und muss regelmäßig wiederholt werden - für Prostituierte ab 21 Jahren mindestens alle zwölf Monate, für 18- bis 21-Jährige mindestens alle sechs Monate.

In den Verhandlungen hatte die CDU/CSU-Fraktion nicht nur eine noch regelmäßigere Gesundheitsuntersuchung gefordert, damit die oftmals nicht krankenversicherten Frauen häufiger ärztlich begutachtet werden.

Sie hatte auch vorgeschlagen, dem Betreiber eines Gewerbes eine Pflicht aufzuerlegen, sich von Prostituierten, die in seinem Betrieb tätig werden möchten, den Nachweis einer Krankenversicherung vorlegen zu lassen. Die SPD lehnte dies ab.

Nach Ansicht einer Sprecherin des federführenden Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend läuft die Kritik am Entwurf ins Leere.

Schließlich sei es bei der Neuregelung des ProstSchG insbesondere um den Schutz von in der Prostitution tätigen Personen gegangen, der eine niedrigschwellige Ausgestaltung bei der Anmeldung voraussetze.

Dies sei mit der Pflicht der Behörde, Prostituierte über eine Absicherung im Krankheitsfall sowie über die Voraussetzungen zur Erlangung eines Krankenversicherungsschutzes zu informieren, sichergestellt.

Zudem, heißt es aus dem Ministerium, "trete mit der Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in Deutschland bereits nach geltendem Recht grundsätzlich die Versicherungspflicht in der GKV ein".

Die jetzt im Entwurf vorgeschriebene Beratung solle daher auch Grundinformation über die Melde- und Beitragspflicht von Arbeitgebern und die Mitwirkungsrechte und -pflichten von Beschäftigten beinhalten.

Besonders junge Frauen gefährdet

Einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) aus 2014 zufolge, die auch nach dem Krankenversicherungsstatus von Sexarbeiterinnen in verschiedenen Bundesländern fragte, besaßen zwar 89 Prozent der deutschen, aber lediglich 21 Prozent der nicht-deutschen Frauen eine in Deutschland gültige Krankenversicherung.

In einer älteren RKI-Studie, die zwischen Januar 2010 und März 2011 durchgeführt wurde - 29 Gesundheitsämter nahmen teil, knapp 10.000 Untersuchungen wurden durchgeführt -, war herausgefunden worden, dass die Gefährdung für sexuell übertragbare Erkrankungen insbesondere bei Frauen unter 20 Jahren ohne Krankenversicherung, die auf den Straßenstrich gingen und kaum Deutschkenntnisse hatten, deutlich erhöht war.

Der Studie zufolge besaßen mehr als 70 Prozent der Frauen einen Migrationshintergrund. 56 Prozent hatten keine Krankenversicherung in Deutschland.

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