Physician Assistants

Neuer Beruf als Unterstützung für Ärzte

Physician Assistant ist in Deutschland noch ein relativ neuer Beruf. Ärzte möchten deren Unterstützung nicht mehr missen. Durch die PAs haben sie wieder mehr Zeit für ihre Kernaufgabe: Die Patienten zu versorgen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
PAs sind in Deutschland selten – noch.

PAs sind in Deutschland selten – noch.

© Robert Kneschke / fotolia.com

Dr. Angela Grote-Reith, Chefärztin an der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin des Mathias-Spitals in Rheine, hat eine Unterstützung, von der ihre Kollegen in anderen Krankenhäusern nur träumen können. Viele Dinge nimmt ihr Steffi Kösters-Stroers ab. Sie ist eine ausgebildete Physician Assistant. "Eigentlich bräuchten wir drei von ihrer Art", betont Grote-Reith.

Kösters-Stroers, die zuvor lange Jahre als Intensivschwester gearbeitet hatte, hat an der privaten Mathias Hochschule Rheine ein sechssemestriges Studium zum Physician Assistant absolviert. Ziel dieses 2011 eingeführten Bachelor-Studiengangs ist es, Vertreter aus Gesundheitsfachberufen so zu qualifizieren, dass sie Ärzte von delegierbaren Tätigkeiten entlasten können.

Das Lehrangebot in Rheine hat inzwischen die praxisHochschule übernommen. Ab dem Wintersemester soll es auch am Standort Köln angeboten werden.

PA kümmert sich um Organisation und übernimmt die Voruntersuchung

Wenn bei älteren Patienten eine PET-CT oder MRT-Diagnostik ansteht, informiert Kösters-Stroers sie über die Vor- und Nachteile der Untersuchung und geht mit ihnen den Aufklärungsbogen durch.

Wenn die Ärztin dazu kommt, sind alle wichtigen Dinge bereits geklärt. "Es wird für mich schneller und sicherer", sagt Grote-Reith. Die Physician Assistant setzt sich auch mit den behandelnden Hausärzten in Verbindung und holt Vorbefunde ein.

Nicht nur Organisatorisches gehört zu ihrem Aufgabenbereich. Kösters-Stroers kümmert sich um die Wundkontrolle oder übernimmt bei Patienten mit Thrombose die Voruntersuchung. "Sie hat einen klinischen Blick entwickelt, das hilft mir sehr", erläutert die Ärztin. Sie hat nach eigenen Angaben großes Vertrauen in die Physician Assistant, das sei entscheidend für die enge Zusammenarbeit.

Durch das Studium habe sich ihr Wissensspektrum deutlich erweitert, bestätigt Kösters-Stroers. Nach der langjährigen Arbeit als Krankenschwester hat sie noch einmal etwas Neues beginnen wollen. "Mich interessiert der ganze Patient, von den Laborwerten bis zu seinem sozialen Umfeld."

Die Klinik hat ihr das Studium finanziert. Die Weiterqualifikation ist nicht billig: Inzwischen kostet sie 510 Euro im Monat.

Anerkennung noch mangelhaft: Viele Ärzte tun sich schwer

Im Krankenhaus gehört Kösters-Stroers zum Ärzteteam und nicht länger zum Pflegepersonal. Wichtig ist aus ihrer Sicht, dass sich genügend Ärzte in der praktischen Anleitung der Physician Assistants engagieren, und zwar auch schon im Studium. "Wenn Ärzte das Prinzip nicht unterstützen, wird es nicht funktionieren", betont sie.

Zudem müsse für die neue Berufsgruppe unbedingt eine tarifvertragliche Regelung gefunden werden. Das sieht auch Dr. Theodor Windhorst so, der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe. Er hatte 2011 die Schirmherrschaft über den neuen Studiengang übernommen. "Es fehlt an gewerkschaftlicher Unterstützung."

Kein "Arzt light"

Die Physician Assistants dürften nicht als der "billige Jakob" in den Kliniken ausgenutzt werden, sagt Windhorst. Die zusätzliche Qualifikation müsse sich auch in der Vergütung niederschlagen. "Sie dürfen sich nicht unter Wert verkaufen." Das Mathias-Spital in Rheine zahlt der Physician Assistant mehr als einer Intensiv-Krankenschwester, aber weniger als Assistenzärzten.

Wichtig ist für Windhorst, dass die Physician Assistants nicht als "Arzt light" missverstanden werden. Dann werde es auch gelingen, die Akzeptanz für das neue Berufsbild innerhalb der Ärzteschaft zu erhöhen. "Wir brauchen eine Entlastung der Ärzte durch weitergebildete Assistenten", sagt der ÄKWL-Präsident.

Dabei müsse klar sein, dass es ausschließlich um die Delegation von Leistungen in der Letztverantwortung des Arztes gehe und nicht um die Substitution. "Die Assistenz im ärztlichen Bereich hilft uns, wieder mehr am Patienten arbeiten zu können."

Physician Assistants könnten Personal in Krankenhäuser und Pflegeheimen ergänzen

Nach Einschätzung von Kammerpräsident Windhorst werden die Physician Assistants vor allem in Krankenhäusern arbeiten. Dr. Christian Flügel-Bleienheuft, niedergelassener Internist in Köln und designierter Studiengangsleiter, sieht auch bei Ärztenetzen Einsatzmöglichkeiten. "Sie könnten in Pflegeheimen die Regelmäßigkeit der Versorgung verbessern", erläutert er.

Die neue Berufsgruppe sieht Flügel-Bleienheuft als sinnvolle Ergänzung der medizinischen Versorgungsangebote. Entscheidend ist auch für ihn, dass die Letztverantwortung beim Arzt bleibt. "Wir stehen jetzt vor der Herausforderung, die Akzeptanz für das Konzept in der Ärzteschaft zu erhöhen."

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