Nach Berliner Anschlag

Krisendienst bei Terror-Zeugen weiter gefragt

Der Anschlag ist gut einen Monat her, die Erinnerungen bleiben: Einige Betroffene des Berliner Terroranschlags merken erst mit etwas Distanz, dass sie Hilfe benötigen.

Veröffentlicht:

BERLIN. Auch gut einen Monat nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt suchen Menschen immer noch Hilfe beim Berliner Krisendienst, der bisher 130 direkt oder indirekt Betroffene beriet.

"Wir haben den Eindruck, dass insbesondere Menschen, die den Anschlag unverletzt überstanden haben, erst jetzt nach Hilfe suchen", sagt Karin Riedesser, Gesamtkoordinatorin des Krisendienstes.

Folgen werden erst später bewusst

Oft werde Zeugen erst später bewusst, dass das Erlebte gravierende Spuren hinterlassen hat. "Manche haben den Anschlag nicht gesehen und nur die schrecklichen Geräusche gehört", erzählt Riedesser.

Ein Drittel der Beratungen, die der Berliner Krisendienst nach dem Anschlag leistete, nahmen Menschen in Anspruch, die während des schrecklichen Ereignisses auf dem Breitscheidplatz waren. Die Hälfte von ihnen nutzte die Möglichkeit, an einem der neun Standorte des Krisendienstes einen Berater persönlich zu sprechen.

Ein weiteres Drittel der Beratungen direkt nach dem Anschlag erfolgte gegenüber Freunden und Angehörigen von Opfern. "Ein Teil der Anfragen hatte zum Hintergrund, dass nahestehende Menschen vermisst wurden. Den Anrufern konnten wir meist mit der Vermittlung der Angehörigen-Hotline weiterhelfen", so Riedesser.

Teilweise wollten die Leute auch wissen, wie sie überlebenden Opfern bei der Verarbeitung des Erlebnisses zur Seite stehen könnten.

Auch Arztpraxen, Psychotherapeuten, Mitarbeiter der Feuerwehr, der polnischen und italienischen Botschaft wandten sich an den Krisendienst, um Hilfe für Mitarbeiter, Staatsangehörige oder Patienten als Betroffene oder Hinterbliebene zu organisieren. "Gerade hat ein Arzt angerufen bei uns im Tagesdienst, der sich um einen Patienten sorgt", so Riedesser.

Die Berater versuchen, den Betroffenen emotionale Entlastung zu geben, sie dabei zu unterstützen, in den Alltag zurückzufinden, Ängste zu reduzieren und Kontroll- und Sicherheitsbedürfnisse zu unterstützen. Insgesamt suchten im vergangenen Jahr 65 540 Menschen Hilfe und Beratung beim Berliner Krisendienst. (juk)

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen