Psychiatrische Versorgung

Zahl der Fixierungen sinkt in NRW

Wie sieht es aus mit der Versorgungsqualität in Nordrhein-Westfalens psychiatrischen Kliniken und Fachabteilungen? Eine staatliche Besuchskommission hat jetzt ihren Bericht vorgelegt.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

KÖLN. In Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der zwangsweisen Unterbringungen von Patienten mit psychischen Störungen in psychiatrischen Krankenhäusern oder Fachabteilungen in den vergangenen Jahren leicht zurückgegangen. Im Jahr 2015 gab es insgesamt 23 059 Verfahren wegen freiheitsentziehender Unterbringungen. 2014 waren es 23 684 und ein Jahr zuvor 23 777.

Das geht aus dem Bericht für 2014 und 2015 über die Prüfung der psychiatrischen Krankenhäuser und Fachabteilung durch die staatlichen Besuchskommissionen hervor, den Landesgesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) dem Gesundheitsausschuss des Landtags in NRW vorgelegt hat. Die mit Ärzten, Richtern, ehemaligen Patienten und Angehörigen besetzten Kommissionen besuchen die Einrichtungen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG) des Landes NRW unangekündigt mindestens einmal pro Jahr. Stoßen sie auf Mängel, werden Verbesserungsvorschläge gemacht.

225 Begehungen gemeldet

2014 und 2015 fanden in den 106 psychiatrischen Kliniken und Fachabteilungen insgesamt 225 Begehungen statt. In rund zwei Drittel der Unterbringungen hatten Klinikärzte das notwendige ärztliche Zeugnis ausgestellt, rund zwölf Prozent der Zeugnisse stammten von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten.

Nach dem Bericht fand in allen Einrichtungen eine körperliche und psychiatrische Eingangsuntersuchung statt, die Aufklärung der Patienten genügte in der Regel den gesetzlichen Anforderungen.

Die Kommissionsmitglieder stießen aber auf Unzulänglichkeiten bei der Führung der Krankenakten und der Dokumentation. So fehlte häufig die Begründung der Erforderlichkeit einer weiteren Unterbringung. Zudem notierten die Besucher unter anderem Mängel beim Vorhandensein gesetzlich vorgeschriebener Dokumente, der Qualität des ärztlichen Zeugnisses, der Dokumentation von besonderen Sicherungsmaßnahmen oder von Zwangsbehandlungen. "Als Ursachen für die Dokumentationsmängel wurden vor allem eine hohe Fluktuation des Personals, der Einsatz von Honorarkräften und allgemeine Arbeitsbelastung angegeben", heißt es in dem Bericht.

Die Besuchskommissionen kommen zu dem Ergebnis, dass Fixierungen in fast allen Kliniken wie vorgeschrieben durchgeführt werden. 2014 ordneten Ärzte insgesamt 11 898 Fixierungen an, ein Jahr später 11 263. "Die meisten Fixierungen dauerten zwischen einer und 24 Stunden." In mehr als 400 Fällen hielten in beiden Jahren die Fixierungen länger als drei Tage an.

Rund zwei Drittel der psychiatrischen Einrichtungen machen vom Mittel der Zwangsmedikation Gebrauch. 2014 ordneten Chefärzte oder ihre Vertretungen 1871 Mal eine solche Maßnahme an, 2015 waren es 1899 Mal. Die Kommissionen haben in den Einrichtungen eine erhöhte Sensibilisierung für den Einsatz von Zwangsmaßnahmen festgestellt, es gibt mehr Schulungen und Deeskalationstrainings. Gleichzeitig ist ein Anstieg der Übergriffe von Patienten auf das Personal zu verzeichnen.

Temporäre Personalengpässe

"Insgesamt sind die Kliniken und Fachabteilungen für die Besonderheiten im Umgang mit den nach PsychKG untergebrachten Patientinnen und Patienten sensibilisiert und in der Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen routiniert", lautet ein Fazit der Kommissionsarbeit. Zudem gelinge es den Einrichtungen, die Vorgaben zur Personalausstattung nach der Psychiatrie-Personalverordnung zu 90 Prozent oder mehr dauerhaft zu erfüllen. Allerdings kommt es immer wieder zu temporären Personalengpässen. "Herausforderungen in den nächsten Jahren werden für die Einrichtungen darin bestehen, weiterhin gut geschultes und motiviertes Personal in ausreichender Zahl anzuwerben". Außerdem müssten Wege im Umgang mit zunehmender Gewalt von Patienten gegen Personal gefunden werden.

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