Pneumologie

Bessere Medizin, die auch noch Kosten spart

Am Beispiel von Beatmungspatienten zeigt die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie, dass bessere Medizin möglich ist. Und auch noch Kosten spart.

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BERLIN/STUTTGART. Qualität und Wirtschaftlichkeit müssen kein Widerspruch sein. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin anlässlich ihres Kongresses in Stuttgart hin.

"Es gibt in der Medizin auch Beispiele, die zeigen, dass mehr Qualität Kosten einspart", sagte Kongresspräsident Professor Martin Hetzel. Ein solches Beispiel betrifft Hetzel zufolge Patienten, die im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt für längere Zeit künstlich beatmet werden.

Die DGP schätzt, dass rund 30.000 Patienten längerfristig beatmet werden, weil sie nur schwer vom Beatmungsgerät zu entwöhnen sind. Die Kosten dafür beziffert die Fachgesellschaft auf zwei bis vier Milliarden Euro pro Jahr. Zehn Prozent der Betroffenen seien auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf Beatmung und Pflege angewiesen.

Hetzel geht davon aus, dass bei vielen dieser Patienten die Entwöhnung vom Beatmungsgerät auf der Intensivstation zu schnell aufgegeben wurde.

"In der Intensivmedizin ist die Neigung, Bettenkapazitäten dadurch zu schaffen, dass man Patienten in die außerklinische Beatmung schickt, groß", so Hetzel. Der Pneumologe meint, dass bei etwa 50 Prozent der Patienten das das Potenzial zu Beatmungsentwöhnung nicht ausgeschöpft wird. "Würde es ausgeschöpft, könnte die Hälfte der zwei bis vier Milliarden Euro eingespart werden und – noch viel wichtiger – die Lebensqualität der Patienten steigen", sagte er in Berlin im Vorfeld des in Stuttgart stattfindenden Pneumologen-Kongresses.

Die DGP hat deshalb das WeanNet ins Leben gerufen. Die Initiative zielt darauf ab, dass mehr Beatmungspatienten eine qualifizierte, mitunter mehr als einen Monat dauernde Beatmungsentwöhnung in einem der bundesweit 43 Weaningzentren erhalten. Sie fordert, dass Patienten nur dann in ambulante Beatmungs-Wohngruppen aufgenommen werden sollen, wenn sie vorher einen qualifizierten Beatmungsentwöhnungsprozess durchlaufen haben. Hetzel kritisiert außerdem, dass es in der außerklinischen Beatmung "nahezu keine Qualitätssicherung" gebe.

Auf mehr Qualität und Wirtschaftlichkeit zielt auch die Initiative "Klug entscheiden" der DGP. Pneumologen haben in diesem Rahmen verschiedene Beispiele für Über- und Unterversorgung in der Lungenheilkunde benannt. So fordert die DGP, dass Lungenfunktionstests bei Rauchern auch ohne Symptome zum Standard werden, um frühe Anzeichen von COPD oder Lungenkrebs zu finden. Die meisten Raucher würden frühe Symptome kaum wahrnehmen. "Trotzdem ordnen die wenigsten Ärzte einen Lungenfunktionstest an, so lange ihre Patienten keine Beschwerden haben", kritisiert DGP-Präsident Professor Berthold Jany.

Als weitere Standards fordert die Initiative "Klug entscheiden" in der Pneumologie: "Jeder Raucher sollte eine strukturierte Raucherentwöhnung angeboten bekommen", so Jany. Nötig sei außerdem die aktive Suche nach Schlafapnoe bei Adipositas-Patienten. "Denn immer noch ist das Krankheitsbild unterdiagnostiziert aber gut behandelbar", so Jany.

Zur klugen Entscheidung von Arzt und Patient zählt aber auch der Verzicht auf unangebrachte Therapien. Weglassen sollten Ärzte nach Janys Angaben unter anderem Antibiotika bei akuter Bronchitis. "Das ist schlecht, nicht nur für den individuellen Patienten, sondern auch für die Allgemeinheit wegen der Resistenzentwicklung", sagte der DGP-Präsident. Beim Einsatz eines CT bei Lungenembolie und beim Wechsel von Inhalationssystemen für Asthmatiker mahnt Jany ebenfalls zu mehr Zurückhaltung. (ami)

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