Auf den Preis gucken - bald nicht mehr nötig

Den Ärzten sollen einige Lasten bei der Arzneiverordnung genommen werden: der Preis wird bald keine Rolle mehr spielen. Auch die verhasste Bonus-Malus-Regelung fällt.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Reform der Arzneimittelversorgung - Ärzte können auf Entlastung hoffen.

Reform der Arzneimittelversorgung - Ärzte können auf Entlastung hoffen.

© blickwinkel / imago

BERLIN. Schrittweise macht das Bundesgesundheitsministerium ernst mit der Ankündigung, Ärzte von Bürokratie zu entlasten und ihnen die Verantwortung für die Auswahl von Arzneimitteln unter Preisgesichtspunkten zu nehmen.

Dafür wächst die Macht zweier Monopolorganisationen: die des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) und des GKV-Spitzenverbandes. Sie bestimmen über den Nutzen von Arzneien und die für die Kassen finanzierbaren Preise. Die Hersteller verlieren - auch bei Innovationen - ihre Preisautonomie. Das ist die Voraussetzung dafür, dass die bisherigen Richtgrößenvereinbarungen, in die auch die Preise als Kostenkomponente eingeflossen sind, von neuartigen Vereinbarungen abgelöst werden können.

Dazu müssen KVen und Landesverbände der Krankenkassen eine arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen vereinbaren. Diese Prüfung bezieht sich auf die Wirkstoffauswahl und -menge im jeweiligen Anwendungsgebiet. Dazu müssen für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen Verordnungsanteile und Wirkstoffmengen in den Anwendungsgebieten für Vergleichsgruppen von Ärzten bestimmt werden - zumindest für Indikationen, die in der Versorgung und unter dem Aspekt der Verordnungskosten in der jeweiligen Arztgruppe relevant sind.

Damit reduziert sich die Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Aspekte, die primär medizinisch relevant sind und von Ärzten auch fachlich verantwortet werden müssen. Innerhalb einzelner Fachgruppen soll eine weitere Differenzierung möglich sein; Praxisbesonderheiten sollen anerkannt werden.

Ersatzlos gestrichen werden zwei Regelungen, die die Ärzte geärgert haben. Das gilt für die 2006 in einem Vorschaltgesetz zur Gesundheitsreform 2007 (GKV-WSG) eingeführten Bonus-Malus-Regelung. Vor allem mit dem Bonus sahen viele Ärzte einen Keil des Misstrauens in ihr Verhältnis zum Patienten getrieben, weil sie dem Generalverdacht ausgesetzt seien, von Sparsamkeit am Patienten finanziell zu profitieren.

Faktisch hat die Bonus-Malus-Regelung allerdings so gut wie nichts bewirkt. Das gilt auch für die mit dem WSG eingeführte Zweitmeinung. Vorgabe war, dass der GBA im einzelnen festlegen sollte, für welche Arzneimittel eine Zweitmeinung eingeholt werden sollte. Damit tat sich der GBA ausgesprochen schwer. Faktisch stellte sich heraus, dass die sehr speziellen und auch teuren Arzneimittel ohnehin von Spezialisten verordnet werden. Hinzu kam die Schwierigkeit, genügend Zweitmeinungs-Ärzte zu finden.

Neu ist die ausdrückliche Kodifikation von Risk-Sharing und Mehrwertverträgen zwischen Herstellern und Kassen. Tatsächlich existieren solche Verträge schon. Beklagt wird allerdings die Intransparenz. Hier soll der Gesetzgeber Abhilfe schaffen: Kassen und Ärzte können Vereinbarungen über die bevorzugte Verordnung von Arzneien aus solchen Verträgen schließen; ferner müssen in jedem Fall Ärzte und Versicherte über die Versorgungsinhalte dieser Verträge informiert werden.

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