Dunkle Wolken am Pharma-Himmel

Frühlingsgefühle und Wachstum in der deutschen Wirtschaft - trübe Aussichten für die Pharma-Branche. Mit Verspätung erreicht die Finanzkrise nun auch die Gesundheitswirtschaft.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

BERLIN. Nahezu jedes zweite forschende Pharma-Unternehmen erwartet in diesem Jahr rückläufige Umsätze. Mit zweijähriger Verspätung wirkt sich die Finanzkrise, die vom Bankensektor ausgelöst wurde, nun auch auf die pharmazeutische Industrie aus - indirekt über scharfe staatliche Kostendämpfungseingriffe zur Stabilisierung der GKV-Finanzsituation.

Cornelia Yzer, die Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Pharma-Unternehmen (vfa), kommentiert die Lage so: "Angesichts der herben Einschnitte, die gesundheitspolitische Maßnahmen in Form von Zwangsrabatten und Preismoratorien gebracht haben, kann es nicht verwundern, dass die Unternehmen skeptisch in die Zukunft blicken. Während sich andere Branchen gerade von der Krise erholen, wird der Pharmaindustrie, die Stabilitätsanker in der Krise war, durch gesetzliche Maßnahmen die Krise nachträglich verordnet".

Nach der Winterumfrage unter den 45 vfa-Mitgliedsunternehmen erwarten nur noch 32,5 Prozent für das neue Jahr steigende Umsätze im Inland.

Das Wachstum werde allerdings nur bescheiden ausfallen, glauben diese Firmen. Im Vorjahr hatten mehr als zwei Drittel der Unternehmen Wachstum prognostiziert.

19 Prozent erwarten Stagnation, und 48,8 Prozent der Unternehmen rechnen mit sinkenden Umsätzen. Jedes zehnte Unternehmen glaubt sogar an tiefe Einbrüche.

Die pessimistischen Umsatzerwartungen haben auch Folgen für die Forschungsinvestitionen: ein Drittel der Unternehmen plant Abstriche, aber ein Drittel will auch verstärkt in Forschung investieren. Per Saldo, so der vfa, sollen die F+E-Ausgaben zumindest stabil bleiben.

Auf die Innovationsquote hat das keinen Einfluss: Bis zu 30 neue Wirkstoffe sollen dieses Jahr eingeführt werden, knapp ein Drittel davon für Indikationen bei seltenen Krankheiten. Zu erwarten sind neue Medikamente gegen Lungenfibrose und einer angeborenen Störung der Gallenbildung.

Der vfa prognostiziert ferner neue Medikamente zur Behandlung von fortgeschrittenem Brust- und Prostatakrebs. Beide haben Vorbilder in der Natur - in Substanzen aus Eiben und einem asiatischen Meeresschwamm, die in der Forschung gezielt abgewandelt worden sind, um sie wirksamer und verträglicher zu machen.

Mit zwei neuen Antibiotika sollen Bakterien bekämpft werden, die gegen ältere Mittel resistent geworden sind. Erstmals seit fünf Jahrzehnten könnte auch ein neues Medikament gegen Lupus eingeführt werden.

Für Patienten mit Multipler Sklerose könnten mehrere neue Präparate verfügbar werden; sie sollen Symptome lindern und die Häufigkeit von Krankheitsschüben senken.

Zwei Kombinationspräparate gegen Malaria wurden vor allem für Entwicklungsländer erforscht. Sie kommen aber auch Fernreisenden aus Europa zugute. In beiden Fällen war die Organisation Medicines for Malaria Venture Entwicklungspartner.

Die Innovationen von 2011 sind das Ergebnis von Entdeckungen Ende der 90er Jahre. Sie zu erforschen und zur Marktreife zu entwickeln, erfordere langfristiges Denken der Industrie und politisch stabile Rahmenbedingungen, so der vfa.

Lesen Sie dazu auch: Viele Apotheken auf der Kippe - schlechte Noten für die Lobby-Arbeit

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