Apotheker

Die zweite Runde für mehr Geld

Nicht nur Ärzte streiten um mehr Geld: Nach der kürzlich erfolgten Anhebung des Packungsfixums um 25 Cent wollen die Apotheker jetzt den Kassenabschlag senken. Die Chancen auf gedeihliche Verhandlungen mit der GKV stehen jedoch ausgesprochen schlecht.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
Ob die Kasse stimmt? Viele Apotheker sind mit ihrem Einkommen unzufrieden. Als Nächstes soll der Kassenabschlag neu verhandelt werden.

Ob die Kasse stimmt? Viele Apotheker sind mit ihrem Einkommen unzufrieden. Als Nächstes soll der Kassenabschlag neu verhandelt werden.

© Klaus Rose

BERLIN. Mitte voriger Woche verabschiedete das Kabinett die "Zweite Verordnung zur Änderung der Arzneimittelpreisverordnung", die nur einen einzigen Inhalt hatte, nämlich das Fixhonorar, das die Apotheker für jede Abgabe einer verordneten Arzneimittelpackung erhalten, von 8,10 Euro auf 8,35 Euro anzuheben. Pro anno fließen damit rund 190 Millionen Euro mehr in die Kassen der Offizinbetreiber.

Glücklich sind sie trotzdem nicht. Gefordert hatten sie eine Anhebung des Packungsfixums um 1,04 Euro auf 9,14 Euro. Von Kassenseite wurde das Einkommensplus erwartungsgemäß als großzügig bis übertrieben hoch kommentiert.

Eine neue Notdienstpauschale soll den Apothekern zusätzliche 200 Millionen Euro bringen. Dabei handelt es sich bislang jedoch nur um eine Absichtsbekundung der Regierung.

Mit dem gesetzlich vorgesehenen Kassenabschlag haben die Apotheker aber noch einen weiteren Hebel, um ihr Einkommen zu beeinflussen. Zuletzt wurde dieser Rabatt durch das AMNOG auf 2,05 Euro pro Packung festgelegt.

Davor, für 2009 und 2010, wurde er nach festgefahrenen Verhandlungen zwischen Apothekern und GKV per Schiedsstellenbeschluss von 2,30 auf 1,75 Euro gesenkt. Die nimmt der Deutsche Apothekerverband (DAV) jetzt als Basis der Verhandlungsrunde für 2013.

In einem Brief an den Vize des GKV-Spitzenverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, kündigte DAV-Chef Fritz Becker an, eine "weitere Absenkung des Abschlags" anzustreben.

Was ist die typische Apotheke?

Zugleich erbittet Becker "zeitnahe Terminvorschläge", um mit den Verhandlungen zu beginnen. Dann will Becker auch die mit dem AMNOG erstmals geforderten "tatsächlichen Betriebsergebnisse repräsentativ ausgewählter Apotheken" vorlegen.

Deren Ertragskraft soll nämlich die Messlatte für die leistungsgerechte Anpassung des Kassenabschlags bilden.

Bislang haben die Apothekerverbände solche Zahlen nicht kommuniziert. Die jährliche ABDA-Statistik informiert nur über Umsatz und Umsatzverteilung der 21.238 bundesdeutschen Ladenapotheken.

Demnach setzten 2011 knapp 17 Prozent aller Betriebe rund 1,3 Millionen Euro um. Weil diese Umsatzklasse am häufigsten vorkommt, bezeichnet die ABDA Betriebe dieser Größenordnung als "typische Apotheke"; 23 Prozent der öffentlichen Apotheken erwirtschafteten weniger, 60 Prozent mehr.

Nach Angaben der Treuhand Hannover hat sich der Betrag, über den der Inhaber einer "typischen Apotheke" 2011 nach Steuern und Vorsorgeaufwendungen frei verfügen konnte, von 39.100 Euro auf 35.300 Euro verringert.

Ob die "typische Apotheke" hinsichtlich ihrer Leistungen, vor allem aber ihrer Kostenstruktur repräsentativ ist, ist umstritten. Bereits während der jüngsten Novellierung der Arzneimittelpreisverordnung wurde der Eindruck, die Apotheken hätten über die Jahre nur verloren, massiv infrage gestellt.

Weigerung bei den Kassen absehbar

So beharrten Wirtschafts- und Gesundheitsministerium gleichermaßen darauf, die von der Apothekerschaft vorgetragenen Kostensteigerungen mit dem zwischen 2004 und heute ebenfalls stark gestiegenen Rohertrag (Umsatz minus Wareneinsatz) zu verrechnen.

Zwar monieren die Pharmazeuten völlig zu Recht, dass derart saldiert kein Honorarzuwachs möglich sei, sondern lediglich ein Kostenausgleich.

Was die Standesvertretung vergisst: Arzneimittelrechtlich ist die Anpassung der Apothekervergütung aber ohnehin nicht als Lohnerhöhung, sondern nur als Angleichung an die "Kostenentwicklung" vorgesehen.

Im Sozialgesetzbuch V, das die Anpassung des Kassenabschlags regelt, sieht die Sache nicht anders aus. Hier soll die Anpassung "unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Leistungen und der Kosten bei wirtschaftlicher Betriebsführung" erfolgen.

Nachdem bereits die Regierung beansprucht, die Apotheken mit der Anhebung des Packungsfixums voll auf ihre Kosten gebracht zu haben, dürften sich die Kassen jetzt erst recht weigern, den Abschlag zu senken.

Dass der DAV plötzlich überzeugendere Zahlen zu seinen Gunsten aus dem Hut ziehen kann, als er sie anlässlich der Debatte um die Anpassung des Packungsfixums vorgelegt hat, ist unwahrscheinlich.

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