Urteil zu Ranibizumab

Auseinzeln tabu

Kassen dürfen Patienten mit Makula­degeneration nicht dazu drängen, den VEGF-Hemmer Ranibizumab auszueinzeln. Das sei ein unzulässiger Off-label-use, hat das LSG Nordrhein-Westfalen entschieden.

Veröffentlicht:
Bei der Makuladegeneration wird die Stelle des schärfsten Sehens zerstört - bei dem betroffenen Patienten lag diese Erkrankung beidseitig vor.

Bei der Makuladegeneration wird die Stelle des schärfsten Sehens zerstört - bei dem betroffenen Patienten lag diese Erkrankung beidseitig vor.

© DVR / dpa

ESSEN. Die gesetzlichen Krankenkassen müssen das Augenheilmittel Lucentis® in der vom Hersteller Novartis verkauften Form bezahlen.

Sie können die Versicherten nicht darauf verweisen, eine Packung auf mehrere Injektionen aufzuteilen, wie das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied.

Der Versicherte litt unter einer altersbedingten beidseitigen Makuladegeneration. Unter Vorlage einer Bescheinigung seines Augenarztes beantragte er bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für eine Behandlung mit Lucentis®.

Lucentis® wurde 2007 zugelassen. Die Lösung mit zehn Milligramm des Wirkstoffs Ranibizumab je Milliliter wird in den Glaskörper des Auges injiziert. Hersteller Novartis bietet nur eine Durchstechflasche mit 0,23 Millilitern an.

Die Packung enthält steriles Material für die einmalige Injektion. Sie kostete im Streitzeitpunkt August 2007 1524 Euro. Die Kasse verwies daher auf ein Krankenhaus, das bereit war, die Durchstechflasche auf mehrere Injektionen aufzuteilen.

Die Arzneimittelkosten für die drei verordneten Injektionen sollten so nur 2400 Euro betragen, zuzüglich Behandlungskosten von knapp 900 Euro.

Ein Fall für das BSG

Der Patient lehnte dies ab. Novartis werde so aus seiner Gefährdungshaftung entlassen. Der Versicherte ließ sich privat auf Honorarbasis der GOÄ behandeln und forderte die Mehrkosten in Höhe von 2478 Euro von seiner Krankenkasse zurück. Nach seinem Tod 2009 verfolgte seine Ehefrau den Streit weiter.

Mit Erfolg. Das LSG stellte in seinem Urteil zunächst klar, dass es sich bei der intravitrealen Injektion nicht um eine neue Behandlungsmethode handelt, sondern lediglich um einen neuen Applikationsweg.

Dies habe schon im Januar auch der Gemeinsame Bundesausschuss bestätigt. Damit sei Lucentis® grundsätzlich verordnungsfähig.

Dabei sei die Kasse aber nicht berechtigt, den Leistungsanspruch des Versicherten auf "ausgeeinzeltes Lucentis" zu begrenzen, so das LSG weiter. Das Arzneimittel sei laut Zulassung "lediglich zum einmaligen Gebrauch und nur zur intravitrealen Anwendung bestimmt".

Auch nach Einschätzung des Paul-Ehrlich-Instituts sei bei Mehrfachentnahmen die mikrobielle Sicherheit nicht mehr gewährleistet. Schon deshalb seien die Voraussetzungen für den von der Kasse angestrebten Off-Label-Use abseits der Zulassung nicht gegeben.

Die Krankenkasse hat bereits die gegen dieses Urteil vom LSG zugelassene Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt. (mwo)

LSG Nordrhein-Westfalen, Az.: L 5 KN 182/10 KR

Mehr zum Thema

Leitartikel zu Geheimpreisen für neue Arzneimittel

Kosten und Nutzen

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“