Bundestag

Festgefrorene Preise und zwei Erstattungsbeträge

Bundestag und Bundesrat haben im Schnelldurchgang Nägel mit Köpfen gemacht und das Preismoratorium für Hersteller verlängert. Derweil melden Kassen und das Unternehmen Pfizer Einigung über die Erstattungspreise für zwei neue Wirkstoffe.

Veröffentlicht:
Der Gesetzgeber hat den Herstellern die Krallen gezeigt. Das Preismoratorium ist verlängert worden.

Der Gesetzgeber hat den Herstellern die Krallen gezeigt. Das Preismoratorium ist verlängert worden.

© Jensen / dpa

BERLIN. Bundestag und Bundesrat haben am Donnerstag im Schnelldurchlauf das Preismoratorium für Pharmahersteller um drei Monate bis zunächst zum 31. März 2014 verlängert.

Alle Fraktionen haben dem Entwurf ohne weitere Aussprache in zweiter und dritter Lesung zugestimmt. Am Donnerstagmittag hat dann der Bundesrat sein Plazet gegeben. Das Preismoratorium war im August 2010 ursprünglich als kurzfristiges Kostendämpfungsinstrument eingeführt worden, weil in Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise in der GKV ein Defizit von zehn Milliarden Euro drohte.

Inzwischen weisen Gesundheitsfonds und Krankenkassen Rücklagen von mehr als 27 Milliarden Euro auf.

Die Koalition hat in einer zweiten Gesetzesvorlage bereits angekündigt, dass die Preise bis 2017 weiter eingefroren bleiben sollen. Allein die Fortführung des Preisstopps im ersten Quartal 2014 entlastet die GKV um 150 Millionen Euro.

Erst Opt out - und jetzt doch eine Einigung

Unterdessen haben der GKV-Spitzenverband und das Unternehmen Pfizer überraschend die Einigung über Erstattungsbeträge für zwei Krebsmedikamente bekannt gegeben. Dies betrifft Bosulif® (Bosutinib) und Xalkori® (Crizotinib). Überraschend deshalb, weil der Hersteller zunächst im November angekündigt hatte, das seit März 2013 zugelassene Bosulif® gegen Chronisch Myeloische Leukämie nicht mehr in Deutschland anbieten zu wollen.

Davon wären bis zu 500 Patienten pro Jahr betroffen gewesen. Die Jahrestherapiekosten für das Präparat werden mit knapp 70.000 Euro angegeben. Es hätte sich um die erste Opt-out-Entscheidung für ein Orphan drug gehandelt.

Die Rücknahmeentscheidung von Pfizer hatte der GKV-Spitzenverband als "verfrüht" bezeichnet, da noch gar keine Angebote für einen Erstattungsbetrag ausgetauscht worden waren. Pfizer hatte seinerzeit den Schritt damit begründet, der GKV-Spitzenverband habe nicht spezifisch wirkende Zytostatika als Referenz nehmen wollen.

Darunter wären auch solche gewesen, die ausdrücklich in den Leitlinien nicht empfohlen werden. Am Donnerstag zeigte sich der Spitzenverband "erfreut, dass zusammen mit Pfizer eine patientengerechte und interessenausgleichende Lösung gefunden" wurde.

Das zweite Medikament, für das ein Erstattungsbetrag festgelegt wurde - Crizotinib -, ist zur Behandlung erwachsener Patienten mit vorbehandeltem und fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs mit einer speziellen Gen-Veränderung zugelassen.

Der Erstattungsbetrag für Bosulif® gilt ab Anfang kommenden Jahres. Dagegen hat die entsprechende Vereinbarung für Xalkori® bereits rückwirkend ab 15. November 2013 Gültigkeit. Wichtig für Vertragsärzte ist die Information, dass für beide Medikamente keine Praxisbesonderheiten vereinbart worden sind.

Generikum bildete Vergleichstherapie in 24 Fällen

Unterdessen hat das Bundesgesundheitsministerium auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion hin mitgeteilt, dass - Stand Anfang Dezember - von 243 patentierten Einzelwirkstoffen bislang 44 eine Nutzenbewertung nach Paragraf 35a SGB V durchlaufen haben.

Das BMG hat auf Anfrage der Fraktion aufgelistet, welche zweckmäßige Vergleichstherapie der Gemeinsame Bundesausschuss seinen Beschlüssen zu Grunde gelegt hat: In 24 Beschlüssen wurden ausschließlich generische Arzneimittel als Vergleichstherapie herangezogen.

In neun Fällen wurden sowohl generische als auch patentgeschützte Arzneimittel berücksichtigt.

Bei zwölf Beschlüssen bildeten ausschließlich patentgeschützte Präparate die zweckmäßige Vergleichstherapie.

In allen übrigen Fällen wurden anderweitige Vergleichstherapien herangezogen, unter anderem fünfmal Best-Supportive-Care.

Die GKV ist in den Jahren 2012 und 2013 durch die 29 ausgehandelten Erstattungsbeträge um insgesamt 180 Millionen Euro entlastet worden. Die dabei ausgehandelten Rabatte bewegten sich, zusätzlich zum Herstellerabschlag von 16 Prozent, "zwischen 0 und rund 70 Prozent", heißt es in der Regierungsantwort.

Der durchschnittlich ausgehandelte Rabatt betrage 16 Prozent. Dies entspreche der Einsparquote, die auch in der Begründung des Gesetzentwurfs zum AMNOG angenommen wurde, berichtet das BMG weiter.

Wissen wollte die Linksfraktion auch, wie häufig der Bundesausschuss von der Beurteilung des Zusatznutzens, wie er vom IQWiG empfohlen wurde, in seinen Beschlüssen schließlich abgewichen ist. Dies ist bislang in 24 von insgesamt 64 Nutzenbewertungen der Fall gewesen. Grund dafür sei, dass die Beurteilungen von IQWiG und GBA auf verschiedenen Sach- und Verfahrensständen beruhten.

So bewerte das Kölner Institut ausschließlich das vom Arzneimittelhersteller vorgelegte Dossier. Der GBA hingegen könne dagegen bei seinem Beschluss ergänzende Informationen und Unterlagen berücksichtigen, die er im Anhörungsverfahren vom Hersteller erhalten habe, hieß es. (fst)

Mehr zum Thema

Protestkampagne geplant

Rund 500 Apotheken weniger in Deutschland

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Richtig handeln bei Infektionen

Drei Mythen bei der Antibiotika-Therapie auf dem Prüfstand

Lesetipps
Fruktose-haltige Getränke

© Daxiao Productions / stockadobe.com

Klimawandel

Fruchtsaft schadet Nieren bei großer Hitze