Klinische Arzneitests

EU verordnet weniger Bürokratie

Eine neue EU-Richtlinie, nach das Genehmigungsverfahren von der EU koordiniert werden, beschleunigt klinische Studien. Und deren Ergebnisse müssen ausführlich publiziert werden - unabhängig vom Ausgang.

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Viele neue Pillen: Die Genehmigung von Arzneitests in der EU soll einfacher werden.

Viele neue Pillen: Die Genehmigung von Arzneitests in der EU soll einfacher werden.

© Getty Images/iStockphoto

BRÜSSEL. Vertreter des Europäischen Parlaments und der im Ministerrat vertretenen Mitgliedsstaaten haben sich auf neue Regeln für Arzneimitteltests am Menschen geeinigt. Dies teilte der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Christdemokraten im Europäischen Parlament, Dr. Peter Liese, mit.

Die Annahme des ausgehandelten Textes durch den Ministerrat und das Parlament Anfang 2014 gilt damit nun als Formsache. Die Europäische Kommission hatte vor anderthalb Jahren einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt, der in Teilen zunächst sehr umstritten war.

Ziel der Kommission war es, die Bedingungen für klinische Prüfungen, die oft in verschiedenen EU-Ländern gleichzeitig durchgeführt werden müssen, zu entbürokratisieren. Gerade Institutionen, die unabhängig von der Pharmaindustrie Forschung betreiben wie zum Beispiel die Deutsche Krebshilfe hatten sich über den bürokratischen Zulassungsweg beklagt.

Es gibt jetzt ein einheitliches Portal für alle, die eine klinische Prüfung beantragen, und die wissenschaftlichen Fragen werden von einem federführenden Mitgliedsstaat für alle anderen Mitgliedsstaaten aufbereitet. Außerdem führt die Rechtsform einer Verordnung - im Gegensatz zur bisherigen Richtlinie - zu einer stärkeren Vereinheitlichung in den Mitgliedsstaaten.

"Für die Industrie mag es möglich sein, in zehn verschiedenen Ländern komplett unterschiedliche Verfahren für die Zulassung zu durchlaufen. Für unabhängige Wissenschaftler, die zum Beispiel erforschen wollen, ob man in der Krebstherapie auch mit weniger Medikamenten zum gewünschten Heilungserfolg kommen kann, müssen wir die Bürokratie reduzieren", so der Arzt und Europaabgeordnete Peter Liese.

Kritik war in Deutschland vor allem daran laut geworden, dass die Europäische Kommission im ursprünglichen Vorschlag die Rolle der Ethik-Kommission nicht mehr ausdrücklich vorgesehen hatte. Dies ist nun auch auf Druck des Europaparlaments und der deutschen Bundesregierung geändert worden.

"Ohne das zustimmende Votum einer Ethik-Kommission kann eine klinische Prüfung in dem betreffenden Land nicht durchgeführt werden. Dies ist internationaler Standard und musste deshalb auch in der Richtlinie so festgeschrieben werden", so Liese.

Die Regelung zum Schutz von Kindern und anderen besonderen schutzwürdigen Personen wurden im Vergleich zur jetzigen Richtlinie verschärft.

Streit gab es allerdings um die Forschung an nicht einwilligungsfähigen Patienten, zum Beispiel Demenzpatienten. Hier drängten einige Mitgliedsstaaten, allen voran die Niederlande, darauf, dass nicht nur Tests, bei denen man ein positives Ergebnis für den einzelnen Patienten erwartet, sondern auch sogenannte gruppennützige Forschung zugelassen wird, wenn auch nur bei minimalen Risiken und minimaler Belastung.

"Ich halte diese Passage für problematisch, deswegen ist es gut, das Parlament und Bundesregierung durchgesetzt haben, dass strengere Schutzstandards in den Mitgliedsstaaten erhalten bleiben können. Nach Rücksprache mit dem Bundesgesundheitsministerium gehe ich davon aus, dass Deutschland ein hohes Schutzniveau in diesem Bereich beibehalten wird", so Liese.

In dem Gesetzgebungsvorschlag ist auch eine deutliche Verbesserung der Transparenz festgeschrieben. Die Ergebnisse der klinischen Prüfung müssen auf jeden Fall veröffentlicht werden, auch wenn sie negativ sind. Vor Beginn müssen alle Prüfungen registriert werden. Nur persönliche Daten der Prüfungsteilnehmer und Betriebsgeheimnisse sind von der Veröffentlichungspflicht ausgenommen.

Vor allem die Forschung kann davon profitieren, weil nun sehr viel ausführlichere Berichte publiziert werden müssen. (HL)

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