Rabattvertrag

Versorgung in der Onkologie gefährdet

Erhebliche Versorgungsprobleme mit individuellen Zytostatika-Zubereitungen stellen Onkologen seit dem Inkrafttreten eines Rabattvertrags mehrerer Kassen fest.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Rabattverträge von Krankenkassen mit Spezialapotheken zur Versorgung mit patientenindividuellen parenteralen Arzneizubereitungen sollten nach Auffassung des Berufsverbandes der Niedergelassnen Hämatologen und Onkologen (BNHO) gesetzlich untersagt werden. Einen entsprechenden Vorstoß beim Gesetzgeber kündigte der BNHO-Vorsitzende Professor Stephan Schmitz im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" an.

Mit ursächlich sind Erfahrungen vieler niedergelassener Hämatologen und Onkologen mit einem am 1. August in Kraft getretenen Rabattvertrag, den die Ortskrankenkassen Rheinland-Hamburg, Hessen und Nordost mit Spezialapotheken zur Versorgung mit parenteralen Zubereitungen in der Onkologie abgeschlossen haben. Zuschlagskriterium laut Ausschreibung: "Niedrigster Preis".

Ad-hoc-Versorgung kaum möglich

Eine derzeit noch laufende Erhebung in den Praxen von Hämatologen und Onkologen, die vom BNHO organisiert wird, offenbart erhebliche Versorgungsprobleme, die die Qualität der Therapie gefährden und die Wirtschaftlichkeit des Rabattvertrags in Frage stellen.

Wegen der teils weiten Entfernung zwischen Vertragsapotheke und Praxis sei eine Ad-hoc-Versorgung von Patienten kaum noch möglich, so Schmitz. Bei dieser Therapie wird der konkrete Arzneibedarf eines Patienten erst bei dessen Arzt-Konsultation präzise festgelegt.

Erst danach werde die Zubereitung in der Spezialapotheke in Auftrag gegeben und von dieser binnen kurzer Zeit angefertigt und an die Praxis ausgeliefert. Damit sei sichergestellt, dass die Zubereitung auch tatsächlich dem Patienten appliziert werden kann, so Schmitz. Arzneimittel müssten nicht verworfen werden.

Nach Auffassung der AOK, so Schmitz, soll die Ad-hoc-Versorgung die absolute Ausnahme sein. Regelhaft sollten Ärzte die für ihre Patienten benötigten Individualzubereitungen im Voraus bestellen. Das Problem hierbei: Nach den Erfahrungen in den ersten Wochen der Geltung des Rabattvertrags seien häufig bereits verfallene Arzneimittel ausgeliefert worden.

Ferner seien vorgegebene Dosierungen nicht beachtet worden, Begleitmedikationen und Infusionsbestecke hätten gefehlt. Bei solchen Mängeln, so Schmitz, müssten die Arzneimittel verworfen werden. Ersatzweise georderte Zubereitungen erhalten die Apotheken ebenfalls vergütet - entsprechend steigen die Ausgaben der Krankenkassen.

Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung könne dies zu einem Problem für die Ärzte werden.

Weitere Komplikationen befürchtet

Weitere Komplikationen befürchtet Schmitz, wenn andere Kassen dem Beispiel der AOK folgen. Konkret planen die Knappschaft Bahn-See und die DAK Gesundheit mit 50 weiteren kleinen Krankenkassen im Herbst den Abschluss von Rabattverträgen für onkologische Zubereitungen.

Für die Ärzte würde dies bedeuten, dass sie je nach Rabattvertrag mit unterschiedlichen, aber wahrscheinlich nicht mehr ortsnahen Apotheken kooperieren müssten. Das stelle die Praxen vor zusätzliche organisatorische Herausforderungen.

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