Hecken

Mehr Evidenz bei Homöopathie!

Der GBA-Chef fordert für Homöopathika belastbare Nutzennachweise - dies sei lange versäumt worden. Eine Leistung muss sicher sein und einen Nutzen bringen, wenn sie als Kassenleistung abgerechnet wird.

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Josef Hecken will Beweise sehen, dass homöopathische Behandlungen wirken, wenn diese von den Kassen bezahlt werden sollen.

Josef Hecken will Beweise sehen, dass homöopathische Behandlungen wirken, wenn diese von den Kassen bezahlt werden sollen.

© GEORG J. LOPATA / AXENTIS.DE

BERLIN. GBA-Chef Professor Josef Hecken appelliert an den Bundesgesetzgeber, Krankenkassen bei Satzungsleistungen stärker zu kontrollieren. Die Zulässigkeit solcher Leistungen müsse konkretisiert und hinsichtlich der Evidenzanforderungen enger gefasst werden, sagte Hecken der "Ärzte Zeitung".

In Paragraf 11 Absatz 6 SGB V sei ausdrücklich geregelt, dass Satzungsleistungen nur dann zulässig sind, wenn hinreichende Anforderungen an die Leistungserbringung gestellt werden, erinnerte Hecken.

Damit reagierte der unparteiische GBA-Vorsitzende auf Kritik an seinen jüngsten Stellungnahmen zu Homöopathie. Hintergrund dafür waren die Todesfälle von drei Patienten, die in einer "alternativen" Krebsklinik eines Heilpraktikers behandelt wurden.

Hecken bezeichnete Stellungnahmen, die auf den geringen Ausgabenanteil für Homöopathika abzielten, als "zynisch": Es komme nicht auf den Umfang der Leistungsausgaben an, "sondern auf die Frage, ob Patienten gefährdet werden oder nicht".

Alte Forderung nicht richtig umgesetzt

Aufgabe des GBA müsse es sein, bei homöopathischen und anthroposophischen Präparaten und Methoden auf eine bessere Evidenzlage zu dringen. "Hier sind zwingend höhere Anforderungen notwendig", sagte Hecken.

Dieses Ziel werde schon lange formuliert, bis heute aber kaum umgesetzt. Er erinnerte an die "Kommission D", ein Gremium, das das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bei der Zulassung homöopathischer Arzneimittel berät.

Bereits 1989 habe die Kommission darauf hingewiesen, "dass Indikationsaussagen für schwere Erkrankungen nur auf der Basis wissenschaftlich bewertbaren speziellen Erkenntnismaterials (...) akzeptiert werden können", heißt es in einem Bericht dieses Gremiums. Dies gelte bis heute.

Der GBA-Chef kritisierte scharf die "angeblichen Nutzennachweise" in einzelnen Studien, die in der Regel nicht über Fallberichte hinausgingen. Nötig sei es daher, in einer Metaanalyse das vorhandene Studienmaterial "systematisch zu erfassen, klassifizieren und zu bewerten".

Damit könne das IQWiG oder ein anderes unabhängiges Institut beauftragt werden.

Therapiefreiheit darf kein Deckmantel sein

Man dürfe unbelegte "Heilsversprechen" nicht unter Verweis auf die Therapiefreiheit einfach nur "achselzuckend zur Kenntnis nehmen", warnte Hecken. Wenigstens müssten die Patienten "zwingend darauf hingewiesen werden, dass es für solche Therapien keine validen Nutzennachweise" gebe.

Aus dem Nikolaus-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 ergebe sich "kein Freibrief für einen unkontrollierten und ungehemmten Einsatz von Präparaten, deren Nutzen und deren Unbedenklichkeit nicht belegt ist", warnte Hecken.

Die Karlsruher Richter gaben damals der Klage eines Patienten recht und verlangten von der Krankenkasse für eine Behandlungsmethode zu zahlen, "die eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf erlaubt".

Anders stelle sich die Situation dar, wenn homöopathische Präparate bei schweren Erkrankungen lediglich komplementär zu wissenschaftsbasierten Therapien eingesetzt werden, so Hecken. (fst)

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