Nutzenbewertung

IQWiG-Chef fordert zwei Runden

Die frühe Nutzenbewertung sollte zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden, schlägt IQWiG- Leiter Windeler vor. Über das "Wie" sind sich Experten aber uneins.

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KÖLN. Zur frühen Nutzenbewertung von Arzneimitteln sollte es eine Ergänzung geben: die systematische Wiederholung zu einem späteren Zeitpunkt.

Das schlägt der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Dr. Jürgen Windeler vor. "Wenn man das AMNOG weiterentwickeln wollte, würde man es nicht bei der ersten frühen Nutzenbewertung belassen können", sagte Windeler auf dem "Gesundheitskongress des Westens 2014" in Köln.

Mit einer Fortsetzung könne man dem Problem begegnen, dass bei vielen neuen Arzneimitteln zum Zeitpunkt der Nutzenbewertung die vorliegenden Informationen noch nicht ausreichend stabil sind, erläuterte Windeler.

Behindert AMNOG Innovationen?

Den immer wieder gehörten Vorwurf, die neuen Spielregeln für den Arzneimittelmarkt würden zulasten der Innovationskraft gehen, wies der IQWiG-Chef zurück.

"Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass das AMNOG Innovationen behindert." Das sieht die Hauptgeschäftsführerin des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa) Birgit Fischer anders.

Sie forderte eine "neue Innovationskultur" für die künftige Arzneimittel-Steuerung. "Innovative Arzneimittel mit Zusatznutzen kommen bei zu wenigen Patienten an", beklagte Fischer. Sie sieht einen wesentlichen Nachteil der Nutzenbewertung darin, dass die Ergebnisse nur unzureichenden Aufschluss über die Relevanz der Medikamente für die Versorgung geben.

Das Gesundheitssystem sehe zurzeit keine Anreize vor, damit Arzneimittel mit einem belegten Zusatznutzen tatsächlich verordnet werden, bestätigte der Gesundheitsökonom Professor Uwe May von der Hochschule Fresenius. Das ließe sich ändern, findet er. "Man könnte zum Beispiel vom Instrument der Praxisbesonderheit mehr Gebrauch machen."

Bei der von Windeler vorgeschlagenen Feststellung des Nutzens zu einem späteren Zeitpunkt würde Fischer andere Akzente setzen. Es dürfe dabei nicht um die erneute Anwendung der Methoden der frühen Nutzenbewertung gehen, sondern es sollte ein Projekt der Versorgungsforschung aller Beteiligten sein.

"Wir müssen prüfen, ob ein Arzneimittel richtig eingesetzt wird, ob die Strukturen stimmen und ob es Wechselwirkungen gibt."

"Noch kein Arzneimittel mit erheblichem Nutzen bewertet"

Die vfa-Hauptgeschäftsführerin kritisierte die Vermischung von Nutzenbewertung und Preisverhandlungen. Sie forderte, dass Arzneimittel mit Zusatznutzen bis zum Patentablauf nicht in das Festbetragssystem eingruppiert werden dürfen.

Wenn es bei einem Arzneimittel den Beleg für einen erheblichen Zusatznutzen gibt, komme die Einbeziehung in die Festbetragsgruppe aus seiner Sicht nicht infrage, betonte Johann-Magnus von Stackelberg, der stellvertretende Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands. "Ich bedaure sehr, dass wir bisher noch kein Arzneimittel mit erheblichem Nutzen bewerten konnten."

Bei Arzneimitteln, für die ein geringer Zusatznutzen festgestellt wurde, werde der Einzelfall entscheiden, sagte von Stackelberg. "Ich kann Ihnen zusichern, dass wir das mit Augenmaß machen werden", sagte er an die Adresse Fischers.

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