Arzneimittel

TK nimmt Bestandsmarkt ins Visier

Die Techniker Krankenkasse will Ärzte besser über Medikamente informieren, die vor 2011 zugelassen wurden und  keine Nutzenbewertung durchlaufen haben.

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KIEL. Die Techniker Krankenkasse (TK) in Schleswig-Holstein will Ärzte im Norden stärker dafür sensibilisieren, ob Arzneimittel im Bestandsmarkt einen Zusatznutzen haben.

Die TK verweist in diesem Zusammenhang auf ihren Bestandsmarktreport, der vielen patentgeschützten Arzneimitteln den Zusatznutzen abspricht.

Die vor 2011 neu eingeführten Arzneimittel hat der Gesetzgeber von der frühen Nutzenbewertung ausgenommen. "Wir sind der Meinung, dass sich die pharmazeutischen Hersteller trotzdem einer evidenzbasierten Bewertung ihrer Präparate stellen sollten", sagte Dr. Johann Brunkhorst bei einem Pressegespräch in Kiel.

Oft kein Zusatznutzen für Patienten

Der Leiter der TK-Landesvertretung verwies auf den Bestandsmarktreport, den der Bremer Pharmakologe Professor Gerd Glaeske im Auftrag der Kasse erstellt hat. Danach haben die patentgeschützten Arzneimittel oft keinen wesentlichen Zusatznutzen für Patienten gegenüber bislang verfügbaren Medikamenten.

Glaeske und sein Team hatten 17 Wirkstoffe analysiert und mit einem Ampelsystem bewertet. Bei der Bewertung wurden die Kriterien verfügbare Therapien, Zusatznutzen (größte Gewichtung) und Kosten berücksichtigt.

Keines der untersuchten Arzneimittel erhielt eine grüne Ampel, sechs eine rote. Für Brunkhorst heißt das: "Damit sind auch höhere Preise nicht gerechtfertigt."

Unter anderem Antikoagulantien untersucht

Zu den untersuchten Wirkstoffgruppen zählen unter anderem die neuen oralen Antikoagulantien (NOAK). Nach Berechnungen der TK betrugen die Kosten, die die Kasse für Behandlungen in Schleswig-Holstein mit NOAK in den ersten drei Quartalen des Jahres 2013 aufwenden musste, rund 1,7 Millionen Euro.

Bei Verwendung des Wirkstoffs Phenpro-coumon hätten diese Kosten laut TK nur rund 111.000 Euro betragen. Zwar erhalten noch mehr Patienten Phenprocoumon als NOAK. Im genannten Zeitraum wurden aber erstmals mehr TK-Patienten auf ein NOAK statt auf Phenprocoumon neu eingestellt.

Zugleich beschäftigt sich die Kasse mit der Frage, wie die neuen Medikamente in den Markt kommen. Als "Haupteinfallstor" werden oft die Kliniken genannt.

Die Analyse der TK zeigt aber, dass dies bei den NOAK nur zu rund einem Drittel zutrifft. Viele Erstverordnungen erfolgen in der Arztpraxis ohne vorherigen stationären Aufenthalt.

Die Einstellung auf Antidiabetika erfolgt sogar nur in einem von zehn Fällen in der Klinik. Die TK kündigte deshalb an, die Informationen für verordnende Ärzte noch zu intensivieren. (di)

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