Studie zu Landarztmangel

Bedarfsplanung abgewatscht

Bei der ärztlichen Versorgung in Stadt und Land bestehen weiterhin erhebliche Ungleichgewichte. Zu diesem Schluss kommt auch eine aktuelle Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Sie stellt der Bedarfsplanung ein schlechtes Zeugnis aus.

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Arztmangel ist in vielen ländlichen Regionen allgegenwärtig.

Arztmangel ist in vielen ländlichen Regionen allgegenwärtig.

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BERLIN. Das Ziel des Versorgungsstrukturgesetzes von 2012, für eine gerechtere Verteilung von Ärzten zwischen Stadt und Land zu sorgen, wurde "weitgehend verfehlt".

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Bertelsmann Stiftung. Im "Faktencheck Gesundheit" wird die Verteilung von Orthopäden, Psychotherapeuten, Urologen, HNO- und Nervenärzten untersucht.

Die Studie setzt eine im Jahr 2014 veröffentlichte Analyse der Ärztedichte von Haus-, Kinder-, Frauen- und Augenärzten fort.

Neue Planung nur geringe Effekte

Die Planung weicht laut der Analyse weiterhin bis zu 70  Prozent vom tatsächlichen Versorgungsbedarf ab. So praktiziert die Hälfte aller Psychotherapeuten in Großstädten, obwohl hier nur ein Viertel der Bevölkerung lebt.

Hintergrund ist die Bedarfsplanungsrichtlinie des GBA, die vorschreibt, dass auf einen Psychotherapeuten in der Großstadt 3079 Einwohner kommen, in ländlichen Regionen 5953.

Nervenärzte sollen auf dem Land sogar 127 Prozent mehr Menschen versorgen als Stadt-Kollegen. Die verwendeten Daten zu den aktuellen und geplanten Arztzahlen stammen im Wesentlichen aus den Planungsblättern der Bedarfspläne der KVen.

Dabei zeigt sich, dass die neue Bedarfsplanung in den meisten Facharztgruppen nur geringe Effekte zeigt. In 79,8 Prozent aller Planungsregionen beispielsweise weicht die aktuelle Orthopädendichte vom relativen Bedarf ab.

Dieser Anteil verringert sich durch die neue Bedarfsplanung nur geringfügig auf 77,9 Prozent. Lediglich bei der Verteilung der Psychotherapeuten zeigt sich eine "etwas stärkere Bedarfsorientierung".

Die Anzahl der Regionen mit "deutlich niedrigerer" Psychotherapeutendichte hat laut der Studie deutlich abgenommen - vornehmlich in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen, aber auch im Osten Bayerns.

"Ein pragmatisches Modell"

Im Gegensatz zur vor rund zwei Jahren novellierten Bedarfsplanung berücksichtigt die Studie auch bedarfsrelevante Faktoren wie die Alters- und Einkommensstruktur der Bevölkerung, der Anteil von Arbeitslosen und Pflegebedürftigen sowie die Sterblichkeit.

Der entwickelte Bedarfsindex stelle "ein pragmatisches Modell dar, das die relevanten Faktoren berücksichtigt", so Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Stiftung.

"Aus der Analyse kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass das Instrument der Verhältniszahl (Arzt : Einwohner) der entscheidende Hebel für eine bedarfsgerechtere Versorgung ist", konstatieren die Autoren der Studie.

"Die vom GBA festgelegten Unterschiede der Verhältniszahlen je nach Regionstyp müssten also aufgehoben bzw. abgemildert werden." (jk)

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