Kliniken bedrängen Niedergelassene

BERLIN (HL/ble). Unter welchen Voraussetzungen dürfen Krankenhäuser spezielle Diagnose- und Therapieverfahren auch ambulant erbringen? In welchem Ausmaß werden niedergelassene Spezialisten dabei benachteiligt, weil an sie höhere Anforderungen als an das Krankenhaus gestellt werden? Darüber und über die Mindestmengenregelung für Krankenhausleistungen ist ein Streit entbrannt, den wohl erst das Bundessozialgericht in etlichen Jahren entscheiden wird.

Veröffentlicht:

Ursache der Auseinandersetzung zwischen KBV und Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) im Gemeinsamen Bundesausschuss ist die neue Fassung des Paragrafen 116 b. Danach sind die Länder als Krankenhausplanungsbehörden befugt, auf Antrag einer Klinik diese zu ermächtigen, bestimmte spezielle Leistungen auch ambulant zu erbringen. Die Qualitätsanforderungen bestimmt der Bundesausschuss.

Nach Auffassung der KBV ist die Richtlinie jedoch zu weich - sie benachteilige niedergelassene Fachärzte. So gebe es für die Überweisung von Patienten mit Multipler Sklerose und mit Tuberkulose keinen Facharztvorbehalt. Außerdem reiche eine pure Verdachtsdiagnose aus. Das hält die KBV für unzulässig und hat deshalb Klage eingereicht mit dem Ziel, dass eine Überweisung zur ambulanten Behandlung im Krankenhaus nur durch einen Facharzt nach einer gesicherten Diagnose erfolgen darf.

Die juristische Auseinandersetzung hilft den von neuer Konkurrenz betroffenen niedergelassenen Fachärzten nicht. Die Klage der KBV hat keine aufschiebende Wirkung. Das Reglement des Bundesausschusses gilt, die Kliniken können ungehindert in die ambulante Medizin eindringen. Sogar Krankenkassen sehen das mit Sorge, weil sie regionale Behandlungsmonopole von Krankenhäusern befürchten, wie Andreas Meusch von der Techniker Krankenkasse der "Ärzte Zeitung" sagte.

Mindestens drei Jahre werde der Klärungsprozess benötigen, bis das Bundessozialgericht eine letztinstanzliche Entscheidung trifft, glaubt GBA-Chef Dr. Rainer Hess. Bis dahin können die Krankenhäuser Fakten geschaffen haben - auf Kosten niedergelassener Fachärzte.

Ein anderer Streitpunkt bleibt die Mindestmengen-Regelung für die Krankenhäuser. Der Gesetzgeber schreibt sie vor, der Bundesausschuss muss das konkretisieren. Aber: Für den Zusammenhang zwischen einer konkreten Mindestmenge und der Leistungsqualität gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Deshalb wehrt sich die DKG massiv gegen Festlegungen des Bundesausschusses.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Neue Hoffnung für Patienten mit Glioblastom: In zwei Pilotstudien mit zwei unterschiedlichen CAR-T-Zelltherapien blieb die Erkrankung bei einigen Patienten über mehrere Monate hinweg stabil. (Symbolbild)

© Richman Photo / stock.adobe.com

Stabile Erkrankung über sechs Monate

Erste Erfolge mit CAR-T-Zelltherapien gegen Glioblastom