KOMMENTAR
Keine Anklage, sondern Ansporn
Unfreundliche Ärzte, barsches Personal, lange Wartezeiten: Der Bericht des Patientenombudsvereins aus Schleswig-Holstein enthält abschreckende Beispiele über das, was manchmal in Arztpraxen passiert -Patienten werden oder fühlen sich schlecht behandelt. Der Bericht ist keine einseitige Anklageschrift über ärztliche Verfehlungen, sondern eine Bestandsaufnahme, die jedem Praxisinhaber zu denken geben sollte. Denn die Ombudsleute suchen nach Ursachen für die Kommunikationsstörungen, die sie besonders aus Praxen gemeldet bekommen. Hektik, Stress und Arbeitsverdichtung mögen als Erklärungen dienen, eine Entschuldigung sind sie nicht. So berechtigt ärztliche Klagen über die Bedingungen im Gesundheitswesen sein mögen, so falsch wäre es, die Patienten dafür zu bestrafen. Der hohe Andrang in den Praxen zeigt, dass Ärzte hohes Ansehen genießen.
Zugleich bieten sich aber Apotheker, Heilpraktiker und andere Therapeuten als Ratgeber an und verstehen sich als Alternative. Viele von ihnen haben verstanden, dass sie als Dienstleister mit Patienten nicht so umspringen können wie in den Einzelbeispielen im Bericht. Wie schnell solche Auswüchse zur Generalabrechnung mit Ärzten benutzt werden, zeigt die Kritik der Kassen. Dass Ärzte ihre Patienten nicht mehr verstehen - wie vom Ersatzkassenverband behauptet - ist schlicht falsch. Statt als Anklage sollten die Ärzte den Bericht als Ansporn auffassen, solche Auswüchse abzustellen.