"Ich will Hausärztin auf dem Land werden!"

Medizinstudentin Katja Jung verpflichtet sich, nach ihrem Studium vier Jahre in einer sächsischen Region mit Ärztemangel zu arbeiten. Als Gegenleistung erhält sie schon jetzt eine Finanzspritze vom Land.

Von Katlen Trautmann Veröffentlicht:

LEIPZIG. Die ersten Medizinstudenten haben sich in das bundesweit einmalige Programm Sachsens zur Förderung von Nachwuchs in der Allgemeinmedizin eingeschrieben. Die Studenten verpflichten sich, vier Jahre in einer sächsischen Region mit Ärztemangel zu arbeiten.

Landarzt oder -ärztin - immer weniger Mediziner haben diesen Lebenstraum. Medizinstudentin Katja Jung aus Leipzig denkt anders. "Auf dem Land arbeitet der Hausarzt, wie es ursprünglich gedacht ist. Die gemischte Patientenklientel ist medizinisch reizvoller", sagt die 24-jährige Studierende im zehnten Semester. Sie hat in der Praxis von Allgemeinmediziner Dr. Rainer Arnold aus Beucha bei Leipzig in den Beruf hineingeschnuppert.

"Anders als in der Stadt, wo vieles durch Fachärzte abgefangen wird, ist der Hausarzt dort für die Patienten erster Ansprechpartner", berichtet Jung. Sie hat sich als eine von neun Studenten in das sächsische Programm "Studienbeihilfe" eingeschrieben. Wie die anderen angehenden Ärzte, verpflichtete sie sich nach der Ausbildung als Hausarzt in einer unterversorgten Region in Sachsen zu arbeiten. Im Gegenzug erhält sie während der Studienzeit einen finanziellen Zuschuss.

Doch das Geld gab für Katja Jung nicht den Ausschlag. "Seit Studienbeginn wollte ich Hausärztin mit eigener Praxis werden. Die Universalität des Fachbereiches gefällt mir. Andere Fächer, beispielsweise die Gynäkologie, haben mich auch gereizt. Sie gehen mir aber zu sehr ins Detail", erzählt die Studentin. Aufs Land zog es sie ohnehin. Deshalb meldete sie sich sofort, als die Universität Leipzig die "Studienbeihilfe"-Idee vorstellte.

Dr. Arnold wurde ihr "Patenarzt". Einen Tag im Monat schaut die angehende Kollegin dem Hausarzt in der Praxis über die Schulter. "Es ist wie Privatunterricht. Ich kann ihn alles fragen und in der Sprechstunde nach ihm die Patienten untersuchen", sagt Katja Jung. Sie lernte auch Blut abzunehmen, ein EKG zu schreiben und bekam Infos, wie eine Praxis organisiert wird. Die Patenpraxis mit rund 2000 Scheinen im Quartal bietet ausreichend Aufgaben. Ihr Mentor Arnold ist zufrieden. "Frau Jung arbeitet sehr engagiert", lobt er. Als langjähriger Lehrarzt der Universität Leipzig kann er gut vergleichen.

Das spezielle Förderungsprogramm haben die Krankenkassen (AOK PLUS, Ersatzkassen, BKK MEDICUS, IKK Sachsen und Knappschaft), die KV Sachsen sowie das sächsische Sozialministerium zusammen entwickelt. Federführend ist dabei die KV Sachsen. Insgesamt sind derzeit Geldmittel für die Förderung von 50 Studenten vorhanden.

Katja Jung wird Arnolds Praxis nicht übernehmen. "Frühestens 2016 werde ich meine Ausbildung abgeschlossen haben. Welche Gebiete in Sachsen dann als unterversorgt gelten oder davon bedroht sein werden, lässt sich heute nicht abschätzen", rechnet sie vor.

Die aus heutiger Sicht unsichere Lebensplanung macht ihr keine Sorgen. "Im ungünstigsten Fall, wenn die Region gar nicht zu meinem Lebensplan passen sollte, muss ich die Beihilfe eben zurückzahlen", sagt sie. Die Zeichen stehen momentan nicht danach.

Patenschaft für angehende Hausärzte

Das sächsische Programm "Studienbeihilfe" ist bundesweit einmalig und soll einen Beitrag zur Stabilisierung der ambulanten ärztlichen Versorgung vor allem in ländlichen Gebieten leisten. Die Studenten verpflichten sich, vier Jahre in einer sächsischen Region mit Ärztemangel zu arbeiten. Während des Studiums gehen sie eine Patenschaft mit einem sächsischen Hausarzt ein, um sich mit dem Berufsalltag vertraut zu machen. Im Gegenzug unterstützt der Freistaat sie während des Studiums finanziell. Die Beihilfe beträgt 300 Euro monatlich im ersten und zweiten Jahr, 400 Euro monatlich im dritten Jahr und 600 Euro monatlich im vierten Jahr. Das Programm startete in diesem Jahr. (tra)

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