Pädiater halten RKI-Vorgaben für überzogen

Die Kinder- und Jugendärzte lehnen die Empfehlungen für den Umgang mit Verdachtsfällen bei Schweinegrippe ab.

Raimund SchmidVon Raimund Schmid Veröffentlicht:
Fieber und Husten - Alltag in pädiatrischen Praxen.

Fieber und Husten - Alltag in pädiatrischen Praxen.

© Foto: Zielinskawww.fotolia.de

MANNHEIM. Anfang Oktober werden erste Ergebnisse von klinischen Prüfungen erwartet, ob H1N1-Impfstoffe auch für Kinder und Jugendliche ab dem 6. Lebensmonat geeignet sind. Bei positiven Ergebnissen sollten vor allem Kinder und Jugendliche mit zusätzlichen Gesundheitsrisiken umgehend gegen die H1N1 Influenza geimpft werden.

Auf diese Notwendigkeit hat Professor Fred Zepp, Präsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), bei der Jahrestagung der DGKJ in Mannheim hingewiesen. Mit Hilfe der derzeit in klinischen Studien geprüften Impfstoffe und der Beachtung strikter Hygienemaßnahmen wird es laut Zepp gelingen, einen "guten Schutz" aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland gegen das neue Virus sicherzustellen.

Die Impfung sei gerade für Kinder und junge Menschen besonders wichtig, weil diese im Vergleich zu älteren Menschen besonders schwer erkranken und auch überdurchschnittlich häufig Komplikationen erleiden können. Zudem würden gerade Kinder durch ihr enges Kontaktverhalten wesentlich zur Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten beitragen.

Allerdings warnte Zepp in diesem Zusammenhang auch vor überzogenen Maßnahmen der Regierung und Gesundheitsbehörden. In Anlehnung an die Vorgaben der WHO hatten diese Beschlüsse wie Schließungen von Schulen oder Arztpraxen gefasst, ohne die Ständige Impfkommission (STIKO) oder die pädiatrischen Fachgesellschaften einzubeziehen.

Kritik speziell am Robert-Koch-Institut (RKI) übte auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). So schreibe das RKI Ärzten vor, dass jeder Patient mit einer Temperatur von mehr als 38,5 Grad und Husten als Krankheitsverdachtsfall zu gelten habe. Dies bedeutet, dass Ärzte bei jedem Kind mit diesen Symptomen, die in jeder pädiatrischen Praxis mehrfach am Tag auftreten, Schutzkleidung anlegen, die Kinder isolieren und Verdachtsmeldungen an das Gesundheitsamt abgeben müssen. Das hält BVJK-Präsident Dr. Wolfram Hartmann für "völlig überzogen". Auch Zepp forderte praktikable Lösungen. So sollten Kindern in jedem Fall dann gemeldet werden, wenn sich außer Fieber und Husten weitere spezielle Symptome - wie etwa ein Verdacht auf Lungenentzündung - abzeichneten.

Lesen Sie dazu auch: Keine Lösung im Streit um Impfkosten

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Schweinegrippe: Groteske Kritik am Pandemieschutz

 

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