Mehr Geriatrie-Abteilungen, aber Geriater fehlen

KÖLN (iss). Bei der geriatrischen Versorgung tut sich in deutschen Kliniken eine Schere auf: Es gibt in den Häusern immer mehr geriatrische Abteilungen und Betten, aber immer weniger Geriater.

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"Wir haben sowohl bei der Besetzung leitender Positionen in der Geriatrie als auch bei der Gewinnung des Nachwuchses Probleme", sagt Professor Gerald Kolb, Präsident des Dachverbands der Gerontologischen und Geriatrischen Gesellschaften Deutschlands (DVGG).

Gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung und den steigenden Versorgungsbedarf sei diese Entwicklung fatal.

Der DVGG hat bei den Landesärztekammern abgefragt, wie hoch im Jahr 2007 die Zahl der Ärzte mit fakultativer Weiterbildung Klinische Geriatrie oder der Zusatzbezeichnung Klinische Geriatrie war.

Diese Zahlen haben die Wissenschaftler in Beziehung gesetzt zur Gesamtbevölkerung, den über 65-Jährigen und den über 80-Jährigen. "Wir waren erstaunt, wie unterschiedlich die Lage in den einzelnen Regionen ist", sagte Kolb der "Ärzte Zeitung". Im Bundesdurchschnitt kommt ein Geriater auf 1727 über 80-Jährige, in Baden-Württemberg sind es 1125, in Niedersachsen 5412. Bei den über 65-Jährigen liegt der Bundesdurchschnitt bei 7497. Auch hier bilden Baden-Württemberg mit 4761 und Niedersachsen mit 22 824 die beiden Extreme. Bundesweit gab es 2007 nach der DVGG-Erhebung 2112 klinische Geriater.

Er erhalte häufig Anrufe, weil Kliniken Schwierigkeiten haben, geriatrische Stellen zu besetzen, berichtet Kolb. Das Problem werde sich noch deutlich verschärfen, wenn die jetzt aktiven Geriater ausscheiden. "Wir brauchen mehr in der klinischen Geriatrie weitergebildete Ärzte."

Dafür ist es seiner Überzeugung nach notwendig, die Weiterbildungsordnung umzugestalten. "Zurzeit ist es für Ärzte unattraktiv, sich in klinischer Geriatrie weiterzubilden", sagt Kolb.

Zur Sicherstellung der geriatrischen Versorgung fordern der DVGG und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen eine bundesweite Strategie zur Versorgung der Bevölkerung mit fachärztlicher Kompetenz in der Altersmedizin. "Ohne eine gezielte Strategie wird sich die Versorgungslage aufgrund der demografischen Veränderung weiter verschlechtern", warnen die beiden Organisationen.

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