Notfalldienst-Reform, zweiter Versuch

Die meisten Hausärzte sind überzeugt vom Reform-Konzept, viele Fachärzte haben große Zweifel: Die Vertreterversammlung der KV Westfalen-Lippe entscheidet heute erneut über eine neue Struktur des Notfalldienstes.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Wie soll ärztlicher Notdienst in Westfalen-Lippe gestaltet werden? Darüber haben die KV-Vertreter lange gestritten.

Wie soll ärztlicher Notdienst in Westfalen-Lippe gestaltet werden? Darüber haben die KV-Vertreter lange gestritten.

© Foto: beb

KÖLN. Am Mittwoch entscheidet sich, ob in Westfalen-Lippe nach langer Vorbereitung die Notfalldienst-Reform auf den Weg gebracht wird. Die Vertreterversammlung der KV Westfalen-Lippe (KVWL) will in einer Sondersitzung abschließend über die Reform entscheiden.

Im September hatte sie knapp die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit von 34 Stimmen verpasst. Daraufhin hatten die Delegierten mehrheitlich beschlossen, die neue Notfalldienstordnung unter dem Vorbehalt zu verabschieden, dass noch offene Fragen geklärt werden (wir berichteten).

Das vom KVWL-Ausschuss für Sicherstellung und neue Versorgungsformen entwickelte Konzept sieht eine Vergrößerung der Notdienstbezirke vor sowie die Einrichtung von zentralen Anlaufpraxen, die Steuerung über eine zentrale Leitstelle, die Einrichtung eines Fahrdienstes und die Erweiterung des Notfalldienstes auf die praxisfreie Zeit. Da die Krankenkassen sich geweigert hatten, die Umsetzung des Konzepts zu finanzieren, müssen die Niedergelassenen die Kosten über eine monatliche Umlage von rund 100 Euro tragen. Einsparungen durch die neuen Strukturen sind dabei nicht berücksichtigt.

Der Großteil der Hausärzte befürwortet die Reform als Möglichkeit, gerade in ländlichen Regionen die Versorgung sicherzustellen. Fachärzte kritisieren dagegen die finanzielle Belastung und wollen - wie etwa die Gynäkologen - an eigenen fachärztlichen Notdiensten festhalten.

Die skeptische Haltung sei keine Sache der Gynäkologen, sondern aller Fachärzte, betont der Vorsitzende des westfälisch-lippischen Frauenärzteverbands Dr. Lothar Loch. "Die Niedergelassenen, die ohnehin schon stark belastet sind, dürfen durch ein niedrigeres Regelleistungsvolumen nicht noch weiter belastet werden", sagt Loch der "Ärzte Zeitung".

Der Augenarzt Dr. Ulrich Oeverhaus verweist auf einen früheren Beschluss der VV, dass die Notfalldienstreform kostenneutral umgesetzt werden soll. Je nachdem, wie die Patienten den Notfalldienst künftig in Anspruch nehmen, könnte das zu Lasten der Regelleistungsvolumina gehen, fürchtet auch er. "Jeder einzelne Delegierte muss für sich die finanziellen Risiken auf der einen und die verbesserte Versorgung auf der anderen Seite abwägen", sagt Oeverhaus. Er verstehe das Anliegen der hausärztlichen Kollegen, dass auf dem Land etwas passieren muss. "Das könnte man aber auch mit den heutigen Strukturen", glaubt er.

Der Ausschussvorsitzende Dr. Stefan Ernst ist zuversichtlich, dass die VV der Reform nun grünes Licht gibt. "Bei einigen Kollegen, die bisher aus Partikularinteressen gegen die Reform waren, scheint jetzt das Solidaritätsprinzip zu überwiegen." Die Erfahrungen mit einem ähnlich gestalteten Notdienst in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen hätten gezeigt, dass die Reform nicht zu Lasten der Regelleistungsvolumina gehe. "Die Angst ist völlig unbegründet", sagt Ernst.

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