"Mit 1000 Euro pro Monat lässt sich etwas bewegen"

Die neue Gesundheitsministerin in Thüringen, Heike Taubert, will viele Projekte ihrer Vorgängerin Christine Lieberknecht (CDU) weiterführen. Im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" kündigt die SPD-Politikerin auch mehr Unterstützung für junge Ärzte an.

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Ärzte Zeitung: Welche Pläne hat die Landesregierung zur Bekämpfung des Ärztemangels besonders in ländlichen Gebieten?

Taubert: Haus- und Fachärzte sind nicht gleichmäßig im Land niedergelassen. Die KV Thüringen hat zur Abhilfe vorbildliche Modelle gestartet. Ich denke an die KV-eigene Praxis mit angestelltem Hausarzt in Ohrdruff. Hier wurde fast zwei Jahre nach einem Hausarzt gesucht. Auch die Praxis in Gotha, in der sechs Ärzte jenseits des Alters für den Ruhestand arbeiten, sei erwähnt. Medizinische Versorgungszentren und Krankenhäuser sollen einen Beitrag zur ambulanten Versorgung über Land leisten.

Ärzte Zeitung: Wie sensibel gehen Sie dabei mit Sorgen von Praxis-Ärzten um, die fürchten, durch MVZ Konkurrenz zu bekommen?

Taubert: Medizinische Versorgungszentren befinden sich in Thüringen oft in Trägerschaft von Krankenhäusern oder deren Trägern. Die Zentren werden nicht gegründet, um Ärzten Konkurrenz zu machen. Es geht nicht um Parallelstrukturen in der Versorgung. Bei Kooperationen schauen wir sehr genau drauf, dass der Kuchen für die Selbstständigen nicht zu sehr geschmälert wird. Doch eines ist klar: Mit den MVZ lösen wir das Problem der Unterversorgung nicht. Und in völlig abgelegene Gebiete möchte auch kein Krankenhausträger hin.

Ärzte Zeitung: Kommen wir zu den Selektivverträgen. Wie können diese die Versorgung aus Ihrer Sicht verbessern?

Taubert: Die Verträge sollen für mehr Wettbewerb sorgen. Doch in einem beitragsfinanzierten System vermehrt sich das Geld nicht einfach. Die Verträge beseitigen den Mangel an Ärzten nicht. Direkte Verträge sind dennoch zu unterstützen, soweit damit die Lotsenfunktion des Hausarztes gestärkt werden kann.

Ärzte Zeitung: Ein Schritt im Kampf gegen den Ärztemangel in Thüringen ist die "Stiftung zur Förderung der ambulanten medizinischen Versorgung". Wie unterstützt das Sozialministerium die Stiftung?

Taubert: 170 000 Euro beträgt der Grundstock derzeit. Wir prüfen, um wie viel Geld das Land das Stiftungskapital aufstocken kann. Außerdem halten wir nach weiteren Geldgebern Ausschau. Ein Engagement der Wirtschaft wäre hier möglich. Konkrete Verhandlungen laufen aber noch nicht.

Ärzte Zeitung: Wofür soll das Stiftungsgeld ausgegeben werden?

Taubert: Mit dem Geld wollen wir Lücken in der Ausbildung von Ärzten in den Praxen schließen. In Krankenhäusern verdienen angehende Mediziner relativ gut. Das ändert sich, wenn sie für die Facharztausbildung in eine Praxis wechseln. Mit einem Betrag von 1000 Euro pro Arzt und Monat lässt sich hier sicher einiges bewegen. Der Zuschuss könnte die Entscheidung für den Wechsel von der Klinik in die Praxis attraktiver gestalten. Außerdem soll noch in diesem Jahr ein Stipendium für Medizinstudenten aufgelegt werden, die sich verpflichten, sich nach dem Studium als Hausarzt in unterversorgten Gebieten Thüringens eine Praxis zu eröffnen.

Die Fragen stellte Katlen Trautmann

Heike Taubert (SPD)

In den vergangenen Jahren engagierte sie sich für eine bessere Versorgung von Nervenerkrankungen und für ein angemessenes Honorar für die Neurologen. Auch ihre Unterstützung der Arbeit von Familienhebammen oder ihre Kritik an der Stiftung Familiensinn sorgten für Aufmerksamkeit. Taubert ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. (eb)

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