Disease-Management-Programme: hoher Verwaltungsaufwand, hohes Versorgungsniveau

77 Prozent der Typ 2-Diabetiker haben 2008 in Nordrhein am DMP teilgenommen. Das Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung zieht ein positives Fazit der Programme. Der Verwaltungsaufwand in Praxen bleibt groß.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Im Jahr 2008 haben in Nordrhein 5562 der 6600 Hausärzte an einem der sechs Disease-Management-Programme (DMP) teilgenommen. Gemeinsam mit mehreren Hundert Fachärzten haben sie in den strukturierten Behandlungsprogrammen mehr als 646 000 Patienten betreut. Das zeigt der vom Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (ZI) erstellte Qualitätssicherungsbericht 2008 für die DMP in Nordrhein.

Das weitaus größte DMP ist das für Typ 2-Diabetiker. 2008 nahmen daran 392 384 Diabetiker teil - 77 Prozent der in Frage kommenden Patienten. Sie waren im Mittel 67 Jahre alt und seit 8,5 Jahren an Diabetes mellitus erkrankt. "Es gelingt bei der Mehrzahl der Typ 2-Diabetiker, die Blutzuckereinstellung auf einem zufriedenstellenden Niveau zu halten und die zu erwartende Verschlechterung der HbA1c-Werte deutlich zu bremsen", sagt der Vorstand der KV Nordrhein Dr. Peter Potthoff.

Nach der ZI-Auswertung werden sieben der zehn patientenbezogenen Qualitätsziele des DMP erreicht: einen niedrigen Anteil von Patienten mit einem HbA1c-Wert von unter 8,5 Prozent, das Vermeiden schwerer Hypoglykämien und stationärer Diabetes-Behandlungen, das Senken des Blutdrucks unter 140/mmHG bei Hypertonie, das Überprüfen der Nierenfunktion, die Untersuchung der Netzhaut und das Verordnen von Metformin bei schwerem Übergewicht. Knapp verfehlt wurde das Ziel, dass 55 Prozent der Patienten ihren individuellen HbA1c-Wert erreichen.

Es gelang 2008 nicht, mindestens 65 Prozent der Diabetiker bei Fußläsion an eine qualifizierte Einrichtung zu überweisen. Tatsächlich waren es nur 40,6 Prozent. Eigentlich sollten mehr als 80 Prozent der Patienten bei makroangiopathischen Begleit- und Folgeerkrankungen Thrombozyten-Aggregationshemmer (TAH) erhalten, verwirklicht wurde es nur bei 68,9 Prozent.

"Die Fakten im DMP Diabetes Typ 2 sind im Wesentlichen gut", sagt Potthoff. Allerdings dürfe man auch nicht die Patienten aus dem Blick verlieren, die außerhalb der strukturierten Behandlungsprogramme versorgt werden. "Die DMP können immer nur ein Schritt zur Verbesserung der Versorgung sein", sagt er.

Im DMP Brustkrebs waren 2008 fast 15 000 Patientinnen eingeschrieben, das waren laut ZI 47 Prozent der in Nordrhein an Brustkrebs erkrankten Frauen. Es beteiligten sich 782 der 1260 niedergelassenen Gynäkologen und 44 Kliniken.

Die Zurückhaltung vieler Niedergelassener sei zum Teil darauf zurückzuführen, dass viele Kliniken versuchten, im DMP die Versorgung der Frauen an sich zu ziehen, berichtet der Gynäkologe. "Manche Kliniken bestellen die Patientinnen selbstständig ein und betreuen sie nach der Entlassung weiter."

51,5 Prozent der Frauen im DMP wurden in einem frühen Erkrankungsstadium behandelt (pT1). 78,9 Prozent der Frauen von ihnen konnten brusterhaltend therapiert werden. "Deutlich mehr Patientinnen als in den von den DMP-Vertragspartnern festgelegten Qualitätszielvorgaben erhalten Strahlentherapien oder adjuvante Chemotherapie bei entsprechender Indikation", heißt es in dem Bericht. Die Ärzte bestimmten bei 97,3 Prozent der Patientinnen den Rezeptorstatus. 85,9 Prozent der Frauen mit Knochenmetastasen erhalten eine Bisphosphonat-Therapie.

"Die Rückschau auf die in mehreren Tausend Arztpraxen geleistete zusätzliche Arbeit für die von chronischen Erkrankungen betroffenen Patienten ist erfreulich", schreibt Cornelia Prüfer-Storcks, Vorstand der AOK Rheinland/Hamburg und Vorsitzende der nordrheinischen Arbeitsgemeinschaft DMP, im Vorwort zum Bericht. Er belege den Beitrag der strukturierten Behandlungsprogramme zu einem hohen Versorgungsniveau, so Prüfer-Storcks.

Die DMP seien für die Niedergelassenen trotz Erleichterungen wie der elektronischen Dokumentation nach wie vor mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden, kritisiert KVNo-Vorstand Potthoff. Gleichzeitig seien die Programme eine wichtige Einkommensquelle, auf die viele Praxen nicht verzichten können. Die DMP sieht er als Beispiel für den Trend, Geld für Spezialleistungen zur Verfügung zu stellen, das in der Regelversorgung fehlt. "Die DMP-Vergütung und die Regelleistungsvolumina stehen in keinem Verhältnis."

Der Qualitätsbericht unter: http://tinyurl.com/ycbeker

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